Flüchtlinge aus der umkämpften Region Tigray (Archivbild) Foto: AFP/ASHRAF SHAZLY

Die Regierung in der abtrünnigen Region Tigray appelliert an Abiy, „den Wahnsinn“ zu stoppen und abzuziehen. In dem Konflikt gehe es um den Selbsterhalt der Region, man wolle die „Eindringlinge“ vertreiben.

Nairobi - Der Konflikt um die äthiopische abtrünnige Region Tigray dauert nach Angaben der Regionalführung an. „An jeder Front“ gingen die Gefechte weiter, sagte der flüchtige Regierungschef von Tigray, Debretsion Gebremichael, in einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Vor zwei Tagen hatte der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed den Sieg seiner Truppen in Tigray erklärt. Das erkannte Debretsion jedoch nicht an und sagte vielmehr gegenüber der AP, seine Seite sei sicher, zu gewinnen.

Er warf den äthiopischen Soldaten der Zentralregierung vor, eine „Kampagne des Völkermords“ gegen die Bevölkerung von Tigray zu führen. Abiy müsse „den Wahnsinn beenden“ und seine Truppen abziehen. Es gebe viele zivile Opfer, sagte Debretsion und erklärte zugleich, er habe keine Schätzung der Zahlen. Die äthiopischen Truppen beschuldigte er, „überall, wo sie hingehen, zu plündern“. Jeden Tag wachse das Leid in Tigray, die Bevölkerung werde kollektiv dafür bestraft, zu ihren Anführern zu stehen.

Angriff vor vier Wochen gestartet

Vor fast vier Wochen hatte die äthiopische Zentralregierung eine Offensive auf Tigray gestartet, um die dort regierende Volksbefreiungsfront TPLF zu entmachten. Ministerpräsident Abiy beschuldigt die TPLF, wieder im ganzen Land die Kontrolle übernehmen zu wollen und Unruhe zu stiften. Die TPLF war vor Abiys Machtantritt 2018 eine dominierende Kraft auf Bundesebene.

Am Wochenende verkündete Abiy denn die Einnahme von Tigrays Hauptstadt. „Wir sind in Mekele vorgerückt, ohne dass unschuldige Zivilisten Ziele waren.“ In den Tagen davor hatte die Regierung einerseits versprochen, möglichst wenige Zivilisten sollten zu Schaden kommen. Aber andererseits hieß es, wer der TPLF die Treue halte, solle gnadenlos bestraft werden.

Tigray ist isoliert

Da Tigray von allen Kommunikationswegen abgeschnitten worden ist, lässt sich kaum sagen, wie viele Menschen seit Beginn der Kämpfe Anfang November getötet wurden.

Trotz der vierwöchigen Offensive stellte Debretsion Gebremichael die Kämpfer in Tigray als weiter gut ausgestattet dar. Zum Arsenal gehörten noch mehrere Raketen, „und wir können sie einsetzen, wann immer wir wollen“. Eine Frage über einen Angriff auf Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba wies er zurück; Priorität habe, „Tigray von den Eindringlingen“ zu befreien. Seine Kräfte hätten mehrere äthiopische Soldaten gefangen genommen, darunter den Piloten eines Kampfflugzeugs, das am Wochenende abgeschossen worden sei.

Bei dem Kampf gehe es um den Selbsterhalt von Tigray, und er werde solange dauern, „bis die Eindringlinge draußen sind“. Gegen Abiys Regierung bekräftigte er den Vorwurf, bei der Offensive mit dem Nachbarland Eritrea zusammenzuarbeiten. Dies ist in Addis Abeba bereits zurückgewiesen worden.