Ein VW-Mitarbeiter im Werk Zwickau in der Montage Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die drei Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen waren auch im Austausch mit der EU-Kommission zur umstrittenen Euro-7-Norm.

Brüssel - Auch der heftig diskutierte Vorschlag für die nächste Stufe der Abgasnorm Euro 7 war Thema, als sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die beiden anderen Chefs der deutschen Autoländer, Markus Söder (Bayern) und Stephan Weil (Niedersachsen), mit der Spitze der EU-Kommission zur Zukunft des Autos ausgetauscht haben. Die Kommission hat versprochen, keinen Alleingang bei Euro 7 zu machen. Vielmehr würde sie die Industrie und alle anderen Akteure beteiligen und eine Folgenabschätzung für ihren Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, der 2021 kommen soll. An einem über Euro 7 erzwungenem Aus für den Verbrenner und zusätzlichen Lasten für die Autobranche können die Länderchefs kein Interesse haben. Hildegard Müller, Chefin des Branchenverbandes VDA, forderte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, die Pläne für Euro 7 zu stoppen: „Was diese Norm vorsieht, ist praktisch nicht zu schaffen. Wir erwarten, dass sich Ursula von der Leyen dieses nicht machbaren Vorschlags aus ihrer Kommission annimmt.“

Von der Leyen sagt ab

Das Gespräch im Video-Format war auf Initiative von Kretschmann zustande gekommen. Von der Leyen hatte erst nach langem Hin und Her zu-, dann wenige Stunden vor dem Treffen wieder abgesagt. Die neue EU-Krise nach dem Veto von Ungarn und Polen gegen den EU-Haushaltsrahmen 2021 bis 2027 und das Wiederaufbauinstrument hatte am Mittwoch ihren Kalender bestimmt. Sie hat aber versprochen, das Gespräch nächste Woche Mittwoch nachzuholen. Jeweils eine Dreiviertelstunde hatten die Ministerpräsidenten Zeit, um mit dem für den Green Deal zuständigen Ersten Stellvertreter Frans Timmermans zu reden sowie mit Wettbewerbs- und Digitalkommissarin Margrethe Vestager und Industriekommissar Thiery Breton. Die drei Länderchefs machten deutlich, dass sie zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und der Klimaneutralität 2050 stehen und dass sie auch die Linie der Kommission unterstützen, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 55 Prozent (bezogen auf 1990) zu senken. Mit Blick auf rund eine Million Jobs in der Branche allein in den drei Bundesländern müssten aber für die Erreichung der Ziele die „technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen“ verbessert werden.

Schärfere Flottengrenzwerte

Die Kommission hat bereits angekündigt, die Flottengrenzwerte bis 2030 noch einmal zu schärfen. Gesetz ist, dass die Hersteller zwischen 2021 und 2030 den Ausstoß von Klimagasen bei Neuwagen um 37,5 Prozent senken. Die Kommission will, dass dieser Wert auf 50 Prozent gesteigert werden soll. Kretschmann und Co. verlangen höhere Anstrengungen der Kommission zum Aufbau der Lade- und Tankinfrastruktur für alternative Antriebe. Die Ministerpräsidenten mahnten die Kommission, „in allen Vorschlägen für Technologieneutralität“ zu sorgen. Ob die Kommission dies gewährleistet, bleibt abzuwarten. Synthetische Kraftstoffe etwa, die den Verbrenner CO2-freistellen könnten, spielen bislang in den Planungen der Kommission allenfalls für den Flug- und Schiffsverkehr eine Rolle. Die Ministerpräsidenten fordern zudem mehr Fördergelder für den Aufbau der Batteriezellproduktion. „Die bisherige Förderung unter dem Rahmen des IPCEI (Bedeutendes Projekt von Gemeinsamen Europäischen Interessen) ist nicht geeignet“, heißt es im Positionspapier der drei Länder.

Bei einem Treffen im Kanzleramt am Abend zuvor wurden neue Hilfen für die Branche beschlossen. Die Prämie von höchstens 9000 Euro beim Kauf eines batterieelektrischen Autos sowie eines Plug-In-Hybrids soll nun nicht nur bis Ende 2021, sondern vier weitere Jahre gezahlt werden. Zudem legt die Bundesregierung eine Abwrackprämie für schwere Lastwagen mit einem Volumen von einer Milliarde auf. Über eine Selbstverpflichtung der Industrie soll die Ladeinfrastruktur ausgebaut werden. Bis Ende 2022 soll an jeder vierten Tankstelle eine Schnellladesäule stehen. Zwei Jahre später dann soll bereits die Hälfte der Tankstellen abgedeckt sein.