Ein 63-Jähriger soll im Hallschlag in einem Müllunterstand ein Feuer gelegt und dadurch einen hohen Schaden verursacht haben. Jetzt muss der Mann sich am Landgericht Stuttgart für die Tat verantworten.
„ Mülltonnen in Flammen!“ – Mehrere Male musste die Feuerwehr im vergangenen Jahr wegen solcher Notrufe im Stuttgarter Stadtgebiet ausrücken. Einen Brand in der Düsseldorfer Straße im Bad Cannstatter Stadtteil Hallschlag hat offenbar ein 63 Jahre alter Anwohner gelegt. Er muss sich seit vergangener Woche am Landgericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft sah es beim Prozessauftakt als erwiesen an, dass der Angeklagte in der Nacht auf Samstag, 23. März 2024, eine Spiritusflasche in einer großen Mülltone ausgeleert und die Flüssigkeit um 2.18 Uhr angezündet hat. Der 36 Quadratmeter große Unterstand brannte komplett aus und musste nach umfangreichen Löscharbeiten – hinter Balken waren Glutnester versteckt – abgerissen werden. Die Einsatzkräfte konnten jedoch verhindern, dass die Flammen auf das benachbarte Wohnhaus übergriffen. Das Feuer hinterließ aber Spuren: Die Fassade wurde stark verrußt und Fensterläden deformiert. Es entstand ein Schaden von rund 50 000 Euro.
Angeklagter wollte „Gift“ vernichten
Der 63-Jährige räumte die Tat in Saal 105 des Landgerichts ein. Ihm gebe zu denken, dass so ein hoher Schaden entstanden sei. „Ich wollte die halb volle Spiritusflasche zunächst nur wegwerfen“, sagt er. An der Tonne stehend habe er jedoch entschieden, die Flüssigkeit, die er zum Reinigen genutzt habe, die aber eigentlich Gift sei, zu vernichten. Dazu habe er sie ausgeschüttet und angezündet. Anschließend sei er in seine Erdgeschosswohnung zurückgegangen, die direkt am Unterstand liegt. „Ich habe nicht mit solch einem Ausmaß gerechnet und gedacht, dass das Feuer in der Tonne niemand bemerkt. Als die Benommenheit der Erkenntnis wich, dass ein Brand entstand, bin ich wieder vor die Tür gegangen.“ Zu diesem Zeitpunkt sei die Feuerwehr bereits auf dem Weg gewesen.
Für Brandstiftung drohen in Deutschland Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Aufgrund einer paranoiden Schizophrenie könnte der Angeklagte jedoch als schuldunfähig eingestuft werden. „Von ihm sind aber weiterhin erheblich, rechtswidrige Taten zu erwarten“, sagte der Staatsanwalt und sprach sich für die Unterbringung des Mannes in einer geschlossenen Klinik aus.
Der Angeklagte, der die Tat bereits den ermittelnden Polizeibeamten gestanden hatte, hat seit den 1980er Jahren zahlreiche Therapien und Aufenthalte in Krankenhäusern hinter sich – unter anderem im Zentrum für Seelische Gesundheit in Bad Cannstatt und im Bürgerhospital. Als junger Mann kam er als Stuckateur mit den oftmals stark alkoholisierten Kollegen auf der Baustelle nicht zurecht. Auch später zog ihn die Arbeit in einem Pflegeheim runter. „Der geistige Abbau der Menschen hat mich schwer belastet“, sagt er. Seit Anfang der 2000er Jahre hat der Mann nicht mehr gearbeitet. Er lebte von der Grundsicherung, ehe er vergangenes Jahr schließlich in Rente ging. Eine Zeit der Ruhe, die der Angeklagte als „langweilig“ bezeichnet hat. „Es war kolossal schwer auszuhalten und ist auf Dauer sehr anstrengend“, sagt der 63-Jährige, der nach eigenen Angaben ein sehr zurückgezogenes Leben führte. Enge Freunde habe er nie gehabt, darüber hinaus in jungen Jahren schlechte Erfahrungen mit Frauen gemacht.
Medikamente als Lebensretter
„Ich habe quasi mein ganzes Leben Medikamente genommen“, sagte er zu den Richtern der 17. Strafkammer. „Am Anfang stand ich mit ihnen auf Kriegsfuß, mittlerweile sind sie mein Lebensretter. Das hat ganz lange funktioniert.“ Im vergangenen Jahr habe er deren Einnahme jedoch vernachlässigt. Zugleich hatte der nachtaktive Mann, der wohl auch gerne Musik – früher Rock, später Entspannungsmusik – hörte, offenbar Streit mit einer Nachbarin. Sie habe seine psychische Erkrankung aufgrund der auffälligen Schübe bemerkt und wollte ihn offenbar aus der Wohnung vertreiben. „Das hat mich destabilisiert.“ Die Tat bezeichnete er im Gerichtssaal als „fahrlässig und unverantwortlich“. Er habe zwar schon „als Bub gerne Feuer gemacht, einen Brand in einer Mülltonne zu legen, das wäre mir früher jedoch nicht eingefallen“. Bislang ist der Prozess auf vier Verhandlungstage angesetzt.