Auch mal zehn Stunden am Stück bricht Denes Szakacs übergroße Würste in der Mitte durch, damit sie aufs Weizenbrötchen passen. Foto: STZN/Gökalp

Würste grillen, Glühwein zapfen, Zehn-Stunden-Schichten. Denes Szakacs ist Saisonarbeiter auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt. So sieht sein Arbeitstag aus.

Mittagsansturm am Stand von Denes Szakacs in Stuttgart. Im Minutentakt muss der 40-Jährige Halb-Meter-Würste mit einer Greifzange in der Mitte durchbrechen. Die Kundin, die den Snack auf der anderen Seite der gläsernen Vitrine entgegen nimmt, lässt es sich dennoch nicht nehmen, die Wurst im Weizenbrötchen in einem Tsunami aus Senf zu ertränken, den sie aus einem Eimer auf dem Tresen pumpt. Denes hat ihr schon längst wieder den Rücken gekehrt und reicht eine Portion Pommes an den nächsten Kunden weiter.

Noch zwei Wochen muss der Mann mit dem roten Weihnachtspulli und der farblich passenden Kochmütze täglich in Zehn-Stunden-Schichten Würste grillen, Steaks anbraten, Glühwein zapfen und Schupfnudeln servieren, bevor er pünktlich zu Weihnachten bei Frau und Kindern in der rumänisch-ungarischen Heimat in Cristuru Secuiesc das Fest feiern kann. Bis dahin ist noch Zeit – und noch bildet er die Front seiner Truppe von acht Mitarbeitern auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt.

Leben in einer WG mit sechs Kollegen

Während im Hintergrund ein Mitarbeiter mit ernster Mine Dosen mit Sauerkraut ausleert und den Inhalt mit einer Kelle zerhackt, holt ein anderer Pommes aus der Fritteuse und wieder ein anderer zapft Glühwein. Ist man nah am Grill, ist es heiß, entfernt man sich ein paar Zentimeter zu weit, erwischt einen die eisige Winterkälte.

Die Arbeit ist ein Knochenjob und endet, wenn der Stand um neun Uhr dicht macht und danach alles aufgeräumt ist. Solange er auf dem Weihnachtsmarkt in Stuttgart arbeitet, wohnt Denes Szakacs in einer Wohnung, die sein Chef für ihn und sechs weitere Mitarbeiter gemietet hat. Das Team arbeitet auf der Fläche der Größe eines Gartenhäuschens. Da muss jeder Handgriff sitzen. „Gute Kommunikation ist alles. Normalerweise dauert es eine Woche, bis das Team wirklich fit ist“, sagt der Saisonarbeiter.

Monatelang von der Familie getrennt

Als Besucher des Standes kann man sich kaum entscheiden, auf welchen Eindruck man sich konzentrieren soll. Reckt man den Kopf in den Stand, riecht es nach gehaltvollem Bratfett und einer sauren Note vom Sauerkraut, das im Hintergrund für die Schupfnudeln brutzelt. Lehnt man sich wieder zurück, kommt einem der Geruch von Karamel aus den Tiefen der Standreihen auf dem Marktplatz entgegen. Mitten im Geschehen ignoriert Denes Szakacs die fettigen Finger, die er von der Arbeit am Grill hat – und reicht weiter Essen nach draußen und hinterlässt Flecken auf den Geldscheinen, mit denen er hantiert.

Saisonarbeiter wie Szakacs arbeiten auf Weihnachtsfesten im Akkord durch und kehren nach einigen Wochen wieder zu ihrer Familie zurück. „Früher war ich auch mal neun Monate am Stück von meiner Familie getrennt“, sagt er. Doch inzwischen habe er Kinder und will nicht mehr zu lange weg sein von Daheim. Harte Arbeit ist er gewöhnt. Er arbeitet seit 16 Jahren für die Schaustellerfamilie von Björn Ahrend. Der 34-Jährige betreibt den Stand.

Letztes Jahr Corona, jetzt geht es bergauf

Seit dem 18. Jahrhundert arbeite seine Familie in der Schaustellerbranche, sagt der Standbetreiber. Seine Mitarbeiter nennen ihn „Chef“. Dieses Jahr hat er zum Glück einen prominenten Platz am Marktplatz, direkt gegenüber der Osiander-Buchhandlung, erwischt. Auch für ihn beginnt der Tag um acht Uhr, wenn die Ware von regionalen Händlern ankommt. Dieses Jahr laufe das Geschäft gut, sagt er. Immerhin sei alles besser als letztes Jahr. Da musste e r in dieser Zeit wegen Corona schon wieder abgebaut haben. Da könne man sich diesmal nicht beschweren.