Während der Leipziger jubeln, wirkt der Dortmunder Erling Haaland rat- und lustlos. Foto: dpa/Bernd Thissen

Der kommende Gegner des VfB Stuttgart hadert mal wieder mit sich selbst. Mit Blick auf die kommende Saison hört man bei Borussia Dortmund Erstaunliches.

Eines muss man Mats Hummels ja lassen. Egal wie schwierig und unangenehm die Situation auch ist, er steht Rede und Antwort. Auch nach dem 1:4 (0:2) von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund gegen RB Leipzig sagte der Ex-Nationalspieler offen und ehrlich seine Meinung. Während nach dem ersten Spiel im voll besetzten Stadion seit 763 Tagen im Hintergrund die enttäuschten Fans „Rose raus!“ brüllten, erklärte der 33-Jährige die BVB-Saison mit einem bemerkenswerten Auftritt für beendet. „Den Blick nach oben gibt es nicht mehr“, sagte der Abwehrchef im Sky-Interview. „Jetzt geht es um einen Grundstein für das nächste Jahr.“

Ob der BVB dann besser für die Jagd auf den FC Bayern gerüstet ist? Die Zweifel steigen immer mehr. Vielmehr müssen die Schwarz-Gelben vor dem Duell mit dem VfB Stuttgart (Freitag, 20.30 Uhr) aufpassen, dass sie von RB Leipzig und Bayer Leverkusen nicht überholt werden. Weshalb die Kritiker einen klaren Schnitt im Kader fordern. Ohne einen verdienten Spieler wie Hummels. Vielleicht sogar ohne Marco Reus. Zumindest ohne Erling Haaland, der gegen RB untertauchte, sich mit Herz und Kopf bereits verabschiedet zu haben scheint. Angeblich kann der 21-Jährige für eine festgeschriebene Ablösesumme von 75 Millionen Euro im Sommer gehen. Die Liebe der Fans zu dem Norweger ist jedenfalls längst am Gefrierpunkt angekommen.

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Wie schon das 2:5 in der Liga gegen Leverkusen, das Aus beim FC St. Pauli im DFB-Pokal oder das 0:4 bei Ajax Amsterdam und das 2:4 gegen die Glasgow Rangers auf der internationalen Bühne war auch das Frusterlebnis gegen die Mannschaft von Domenico Tedesco vor den 81 365 Zuschauern wieder ein Wink mit dem ganzen Zaun: Dieses Team benötigt einen schnellen, tiefgreifenden Umbruch.

Neue Dynamik durch neue Spieler?

Sebastian Kehl, der als Sport-Verantwortlicher am 1. Juli Michael Zorc ablösen wird, hat das erkannt. „Wir streben Veränderungen an. Ein ‚Einfach weiter so‘, das habe ich vor ein paar Wochen schon mal gesagt, kann es nicht mehr geben“, erklärte der bisherige Lizenzspielerchef. „Und dafür braucht man ein paar neue, frische Spieler, die die Dynamik innerhalb der Mannschaft verändern.“ Die Gespräche würden laufen. „Aber es wird halt ein bisschen darauf ankommen: Wird uns der eine oder andere Spieler verlassen? Viele haben noch längerfristige Verträge. Welche Möglichkeiten ergeben sich, dass Spieler wechseln können oder wollen?“, sagte Kehl im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Im Klartext heißt das: Die Dortmunder haben sich Spieler ans Bein gebunden, die für zu viel Geld zu wenig Leistung bringen. Und das im halben Dutzend.

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„Ich will hier lauter Jungs haben, die aber mal so richtig Bock auf diesen Verein haben, sich zerreißen“, sagte Kehl, er sprach vom Aufbrechen „verkrusteter Strukturen“ – ohne dabei den großen FC Bayern München aus den Augen zu verlieren. Was auch ein bisschen ein Dilemma für den BVB darstellt. Denn bisher konnte nur er irgendwie halbwegs mit dem Rekordmeister mithalten, formulierte offen Ansprüche, musste sich aber verspotten lassen, wenn – logischerweise – am Ende doch die Bayern die Schale hochhalten.

Der Trainer steht bei den Fans in der Kritik

„Wir müssen raus aus diesem Muster“, fordert Kehl, die Borussia dürfe nicht „wie ein geprügelter Hund aus einer wirklich guten Saison gehen, weil man Zweiter geworden ist“. Die Aussage von der „wirklich guten Saison“ ist allerdings sehr beschönigend. Kein Fan würde dies angesichts der krachenden Rückschläge in Meisterschaft, Pokal und zwei Europapokal-Wettbewerben unterschreiben. Tausende verließen das Stadion am Samstag lange vor dem Abpfiff. Viele andere brüllten „Rose raus!“.

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Doch am Coach rüttelte Kehl nicht. Er sei der richtige Mann, die Vorstellungen des Vereins umzusetzen. Roses Fußball-Philosophie sei beim Tabellenzweiten „bisher vielleicht noch gar nicht so richtig angekommen, weil sie es nicht konnte. Aber das wird kommen“, so Kehl. Ob dann zum Beispiel Mats Hummels, der Mann der klaren Worte, noch dabei sein wird, ist zumindest fraglich.