Erste Hilfe soll nach dem Willen der Initiatoren jeder leisten können. Foto: Gottfried Stoppel

Eine Stiftung aus Winnenden zeigt, wie Inklusion im Notfall gelingen kann – mit einer Allianz, die Lebensrettung, Selbstbestimmung und Teilhabe neu zusammendenkt.

Wenn der Herzschlag aussetzt, zählt jede Sekunde. Doch was, wenn die Helfenden selbst unsicher sind? Genau hier setzt eine neue Kooperation an: Die Björn Steiger Stiftung aus Winnenden (Rems-Murr-Kreis) und Special Olympics Deutschland (SOD) bündeln ihre Kräfte, um Menschen mit geistiger Beeinträchtigung gezielt für Notfallsituationen zu schulen. Wie die Stiftung mitteilt, geht es dabei nicht nur um Lebensrettung, sondern um Selbstbestimmung und Teilhabe – Werte, die beide Organisationen einen.

Denn wer Notfälle erkennt und handelt, übernimmt Verantwortung. „Unser Ziel ist es, Menschen mit geistiger Beeinträchtigung durch Aufklärung und praktische Schulungen zu stärken“, sagt Sven Albrecht, der Bundesgeschäftsführer von SOD. Die Trainings reichen von einfacher Erster Hilfe bis hin zu Reanimation. Entwickelt werden die Inhalte in leichter Sprache, sowohl analog als auch digital. Eingesetzt werden sollen sie auf Sportveranstaltungen, in Schulungen für Coaches und über die SOD-eigene Lernplattform.

Barrieren abbauen, Wissen teilen

Die Partnerschaft will dabei mehr als Wissen vermitteln – sie will Barrieren abbauen. Pierre-Enric Steiger, Präsident der gleichnamigen Stiftung, betont: „Erste Hilfe darf kein Spezialwissen für wenige sein.“ Für ihn ist die Zusammenarbeit ein logischer Schritt im Bestreben, Bildungsangebote inklusiver zu gestalten.

„Erste Hilfe darf kein Spezialwissen für wenige sein“, sagt Pierre Enric Steiger. Foto: dpa

Die Björn Steiger Stiftung bringt jahrzehntelange Erfahrung ein. Gegründet im Jahr 1969 nach dem tragischen Unfalltod des achtjährigen Björn Steiger, kämpft sie seither für bessere Notfallversorgung in Deutschland. Mitinitiiert hat sie etwa die Einführung der Notrufnummern 110 und 112, die Deutsche Rettungsflugwacht (DRF) oder Notrufsäulen an Straßen. Auch das Projekt „Herzsicher“ – mit öffentlich zugänglichen Defibrillatoren – geht auf ihr Konto. Inzwischen reicht das Engagement bis in die Schulen, wo Kinder ab der siebten Klasse Wiederbelebung lernen.

Winnenden: Inklusion im Rettungsdienst mit Verfassungsbeschwerde

Mit Sitz in Winnenden trägt die Stiftung ihren Ursprung stets im Herzen. Hier begann der Kampf gegen das Versagen staatlicher Notfallstrukturen. Und von hier aus wird nun auch ein neues Kapitel aufgeschlagen – eines, das Inklusion im Notfall ernst nimmt. Das aktuelle Projekt ist Teil eines größeren Programms, das 2025 sogar mit einer Verfassungsbeschwerde politische Schlagkraft zeigt: Die Stiftung fordert bundesweit einheitliche Regelungen im Rettungsdienst – auch im Sinne der Inklusion.

Inklusion im Notfall: Menschenmit Beeinträchtigung stärken

Für Special Olympics Deutschland ist die Kooperation mehr als ein Gesundheitsprojekt. Es ist ein weiterer Schritt, um Menschen mit geistiger Beeinträchtigung mitten in die Gesellschaft zu holen – auch in Extremsituationen. Denn wie die Organisation betont: Teilhabe ende nicht beim Sport. Sie beginne bei der Fähigkeit, im Notfall zu helfen – oder Hilfe anzunehmen.

Die neue Allianz sendet ein klares Signal: Jeder Mensch kann helfen. Und jeder verdient das Wissen, um im Ernstfall nicht hilflos zu sein.