Mehr als 1100 Binnenschiffe legten im Vorjahr am Stuttgarter Hafen an und wurden be- oder entladen. Foto: Mathias Kuhn

Die Hafengesellschaft Stuttgart blickt auf ein zufriedenstellendes Ergebnis 2019 zurück. Die Binnenschiffahrt hat nach einer Flaute 2018 wieder Rückenwind erhalten. Das Containerterminal wird gerade erweitert.

Wangen - Auch der Stuttgarter Hafen hat im vergangenen Jahr von der wirtschaftlich Lage profitiert. Er konnte seine Funktion als Logistikdrehscheibe festigen. Gleichzeitig stellt die Hafengesellschaft Stuttgart die Weichen für die Zukunft und erweitert das wasserseitige Containerterminal, berichtet Hafenchef Carsten Strähle im Interview.

Herr Strähle, sind Sie mit dem Ergebnis des vergangenen Jahres zufrieden?

Durchaus. Wir konnten – wie in den vergangenen Jahren auch - einen Überschuss an unsere Konzernmutter, die Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft abführen, der insbesondere unserer Schwestergesellschaft SSB AG zu Gute kommt. Dieses Jahr sind es rund von 6,5 Millionen Euro.

Die Binnenhäfen melden erfreuliche Umschlagssteigerungen. Ist der Umschlag in Stuttgarter Hafen auch gestiegen?

Ja. Im Vergleich zum Vorjahr ist der wasserseitige Umschlag deutlich gestiegen. Allerdings hinkt der Vergleich, da das Vorjahr, also 2018, aufgrund des Niedrigwassers im Rhein ein ausgesprochen schlechtes Jahr für die Binnenschifffahrt war.

Wie sieht die Entwicklung beim wasserseitigen und wie beim Umschlag über die Schiene aus?

Im Vergleich der letzten zehn Jahre liegt der Gesamtumschlag im Mittelfeld. Der nasse Umschlag, also die Schiffstonnage ist mit 1,2 Millionen Tonnen im oberen Bereich, der Bahnumschlag ist mit 2,2 Millionen Tonnen leicht rückläufig, aber im Mittel der letzten zehn Jahre angesiedelt.

Welche Güterbereiche konnten besonders zulegen?

Das Niedrigwasser 2018 hat eine gewisse Umverteilung der Verkehrsträger ausgelöst, die sich im vergangenen Jahr wieder normalisiert, beziehungsweise zurückentwickelt hat. Wasserseitig haben insbesondere die Mineralölerzeugnisse zugelegt. Die Nachfrage nach Kraftstoffen und Heizöl war im vergangenen Jahr nach wie vor sehr hoch. Futtermittel für die Landwirtschaft sind ebenfalls hoch im Kurs gestanden.

Wie profitierte der Bereich Sand, Kies dabei vom Bauboom?

Baustoffe, die klassischen Massengüter innerhalb des Hafenbetriebs, sind stabile Umsatzgrößen. Natürlich hat die rege Bauwirtschaft im Großraum Stuttgart eine positive Auswirkung auf die im Hafen ansässigen Baustoffunternehmen.

Hat der Transport per Zugsystemen sich auch ausgewirkt?

Ja, mit neuen und innovativen Transportmitteln auf Containerbasis wird ein effektiver und zügiger Umschlag von Baustoffen gewährleistet. Wir sehen mit Zuversicht diese Entwicklung bei den Transportmitteln. Schließlich ist der Hafen ein wichtiger Bestandteil der angestrebten Verkehrswende.

Wie entwickelte sich der Containertransport?

Wir gehen davon aus, dass der Containertransport in den kommenden Jahren weitere Zuwächse bekommt. Deshalb hat das Containerterminal im vergangenen Jahr größere Baumaßnahmen angestoßen. Diese Baumaßnahmen werden sich auch in diesem Jahr noch fortsetzen. Aufgrund der Baumaßnahmen und der damit eingeschränkten Arbeitsfläche ist der Containerumschlag im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen.

Wie sieht das Verhältnis von Containertransport per Wasser und per Zug aus?

Auch hier hat sich die Umverteilung von der Bahn auf das Schiff wieder etwas normalisiert. Die Regelverkehre der Containerschiffe zwischen Stuttgart, Mannheim und Rotterdam konnten im vergangenen Jahr erfreulicherweise gut realisiert werden. Lange Sperrungen wegen defekten Schleusen oder Hoch- beziehungsweise Niedrigwasser waren im vergangenen Jahr zum Glück nicht zu verzeichnen.

Zur Zukunft: 2019 wurden einige Gebäude am Ostkai abgerissen. Was ist auf den Grundstücken geplant?

Das Containerterminal dehnt sich in der Fläche aus. Die Kapazitäten waren in den vergangenen Jahr sehr eng gesetzt. Die Erweiterung bedeutet für die beteiligten Unternehmen eine logistische Erleichterung.

Wird der Investor, DP World, auch einen weiteren Verladekran installieren?

Wir gehen davon aus, dass DP World in den nächsten Jahren weiter im Hafen Stuttgart investieren und einen dritten Verladekran platzieren wird.

Welche Vorteile hat die erweiterte Grundfläche?

Die Abwicklung, sprich das Umsetzen der Container, wird erleichtert. Die Zufahrt der Container-Lastwagen soll neu geregelt werden.

Nutzt dies nur der Containerschifffahrt?

Nein, die Erweiterung dient auch dem Umschlag der Container über die Schiene. Bislang müssen die Containerzüge geteilt werden um be- und entladen zu werden. Zukünftig können sogar drei bis zu 740 Meter langer Containerzüge nebeneinander und gleichzeitig be- und entladen werden. Das erhöht die Schlagzahl um ein Vielfaches.

Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Coronakrise auf die Logistikdrehscheibe Hafen ein?

Die Auswirkungen sind heute noch nicht abschließend einschätzbar. Der Produktionsstopp der großen Unternehmen in der Region wird eine große Auswirkung auf viele Unternehmen in der Region haben. Moment laufen Lieferketten bei uns auf, das heißt zusätzliche Lagerfläche ist gefragt. Gleichzeitig haben auch bei uns viele Unternehmen Kurzarbeit angesetzt, um den Produktionsausfall zu kompensieren. Alle Unternehmen stehen bereit, um die Produktion unmittelbar wieder aufnehmen zu können. Wir sind optimistisch, dass die Coronakrise nur als deutliche Delle im Wirtschaftsjahr 2020 verzeichnet werden muss.

Das Interview führte Mathias Kuhn