Der Andrang aufs Frühlingsfest war groß. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Wetter war alles andere als gut. Dennoch hat das 83. Stuttgarter Frühlingsfest die Erwartungen übertroffen. 1,4 Millionen Besucher sind auf den Wasen gekommen.

Das Stuttgarter Frühlingsfest ist dabei, sich vom großen Bruder zu emanzipieren. Einstmals das Schmuddelkind, auf dem Banden ihr Unwesen trieben und das man besser mied, hat es seine ganz eigene Anziehungskraft entwickelt. Auf eine Million Besucher bei der 83. Auflage des Festes hatte die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart gehofft, am Ende werden es deutlich mehr sein.

Wie viele Besucher waren da?

Bis Sonntagabend wird noch gefeiert, dann, so sagt Andreas Kroll, Geschäftsführer von in.Stuttgart, werde man insgesamt 1,4 Millionen Besucher begrüßt haben. So es nicht am letzten Wochenende noch Hunde und Katzen regnet. Andererseits spielt auch noch der VfB am Sonntag um 15.30 Uhr gegen Bayer Leverkusen, 50 000 Menschen werden kommen, und viele davon werden noch über den Wasen bummeln.

„Das Frühlingsfest ist kein Volksfest light“, sagte Kroll am Freitag, „es ist eine eigene Veranstaltung, die ein eigenes Publikum anzieht.“ Das war früher auch schon so. Allerdings in ganz anderem Sinne. Positives, nein, das gab es nicht zu berichten, von jenem Frühlingsfest im Jahr 1998. Jugendliche verabredeten sich auf dem Wasen zu Schlägereien, und 30 Hooligans prügelten vier Polizisten krankenhausreif. Ein Schausteller bekannte: „Auch ich habe Angst, abends über den Wasen zu gehen.“

Wer kommt?

Der Ruf war ruiniert, das Publikum blieb fort. Im Jahre 2005 nahm die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart das Volksfest und das Frühlingsfest unter ihre Fittiche, machte die Feste auf dem Wasen wieder salonfähig. Schritt für Schritt ging es bergauf. Und so absurd es klingt, die Pause wegen der Pandemie habe da sogar geholfen, sagt der Schaustellervertreter Mark Roschmann. „Es hat sich drei Jahre lang kein Karussell gedreht“, sagt er, „die Menschen haben das vermisst und den Wert solcher Feste erkannt.“

So strömten sie im Vorjahr zu der Version ohne Festzelte, „das waren Menschen, die vorher jahrelang nicht mehr auf einem Festplatz gewesen sind und das Volksfest-Vergnügen wieder für sich entdeckt haben“. Dieses Jahr gab es wieder vier Bierzelte, und die Menschen kamen trotz aller Befürchtungen wieder. „Wir hatten sehr viele Familien auf dem Platz“, sagt seine Kollegin Linda Brandl, und das hat sich letztlich auch im Umsatz niedergeschlagen.

Was sagt die Polizei?

Während der Festzelt-Besucher länger auf seinem Platz auf der Bierbank verweilt, sind die Gäste auf dem Platz meistens zwei, drei Stunden da, sagt Kroll. Am Samstag, 29. April, beispielsweise hat man 150 000 Menschen auf dem Platz gehabt, ermittelt mittels Kameras, nicht geschätzt. Fünfmal habe sich der Platz da umgeschlagen. 54 000 dürfen drauf, in der Spitze zählte man 35 000 Menschen. Das war unter anderem am Mittwoch, 3. Mai. Da lief das Frühlingsfest, Helene Fischer trat in der Schleyerhalle auf, die Handballer des TVB Stuttgart spielten gegen die Füchse Berlin in der Porsche-Arena. Und der VfB empfing zum Halbfinale des Pokals in der Mercedes-Benz-Arena Frankfurt. „Da drehte sich zeitweise kein Rad mehr“, sagte Jörg Schiebe, Revierleiter in Bad Cannstatt und beim Wasen für die Einsätze der Polizei verantwortlich, „aber die Lage war beherrschbar, und die Leute blieben gelassen.“ Wie überhaupt auch er ein positives Fazit zieht: „Es war ein friedliches Familienfest.“

Wie viele Einsätze hatte die Polizei?

Untermauern kann er dies auch mit Zahlen. Zum Vergleich zieht er nicht die Zahlen des Vorjahres heran, da es da keine Festzelte gab, sondern die Zahlen vor Corona aus dem Jahr 2019. Damals hatte es 457 Straftaten gegeben, dieses Jahr sind es 353, ein Rückgang um gut 25 Prozent. Damals hatten seine Kollegen 622 Einsätze auf dem Platz, heuer waren es 545. Die Zahl der Betrunkenen, die auf der Wasenwache ausnüchtern mussten, ging von 16 auf zehn zurück. Das bestätigt seine Beobachtung, die er bei seinen Streifen über den Platz gemacht hat, nämlich weniger alkoholisierte Menschen gesehen zu haben. „Es waren sehr viele Familien, sehr viele Großeltern mit ihren Enkeln unterwegs.“

Wo kommen die Besucher her?

Und sehr viele Besucher von außerhalb Deutschlands. „Wir wurden von Schweizern überrollt“, sagt Marcus Christen, Abteilungsleiter bei in.Stuttgart, viele Italiener und Franzosen seien gekommen. „Aus einem regionalen Fest entwickelt sich ein internationales Fest“, sagt er. Eines mit ganz eigenem Charakter.