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Bei der Biathlon-WM in Antholz gibt es Besonderheiten, die beginnen beim Hackschnitzel und hören bei der Loipenmilch längst nicht auf. Ein kleiner Einblick in eine skurrile Welt.

Antholz - Biathlon ist manchmal ein schmutziges Geschäft. Zumindest auf den Parkplätzen in Antholz-Mittertal. Dort, wo alle, die nicht sonderberechtigt sind, ihre Autos abstellen und im Pendelbus (auf Deutsch: Shuttle) zur Südtirol Arena weiterreisen müssen. Die Fahrzeugabstellanlagen befinden sich auf ehemaligen Wiesen, die sich mehr und mehr in eine braune Schlammlandschaft verwandelt haben – als ob die italienische Armee Übungen mit Panzern veranstaltet hätte. Das Tückische: Morgens ist die Masse noch gefroren und fest, doch weil die Sonne ihre tägliche Arbeit verrichtet, was sie in Südtirol besonders pflichtbewusst tut, dann finden die Fahrer am Abend ein wunderbar aufgetautes Gelände vor, in dem man jeden Matsch-Contest durchführen könnte.

er den Wagen am Hang abgestellt hat, für den geht es nur runter; wer so knapp eingeparkt hat, dass er rangieren muss, ist hilflos, weil die Räder so schnell durchdrehen wie Louis de Funès in den überdrehten Balduin-Filmen. Helfer müssen bekniet werden, weil im Kampf, das Fahrzeug frei zu bekommen, die nicht zu leugnende Gefahr besteht, einen Dreckklumpen an den Körper geknallt zu bekommen. Die gute Nachricht: Noch musste niemand im Auto warten, bis der Boden gegen Mitternacht wieder einigermaßen gefroren war. Mittlerweile werden täglich Hackschnitzel angekarrt, wobei manche Leute beim Wort Hackschnitzel an ein Nahrungsmittel denken. Besser ist Holzhackschnitzel. Die werden jetzt täglich frisch auf den wichtigsten Wegen gestreut.

Von Schnitzeln zur Loipenmilch. Die gibt es auf der Huber Alm, die am Rand der Strecke steht und die von zahlreichen Fans bevölkert wird. Was die Leute anlockt, ist nicht der Streckenabschnitt, es ist die bewusstseinserweiternde Mixtur aus Eierlikör und heißer Milch, die im 0,3-Liter-Glas serviert wird. Loipenmilch ist das angesagteste Getränk auf der Huber Alm, eine Karte ist überflüssig. 2000 Liter Milch haben die Wirtsleute vorrätig, aber die werden kaum ausreichen, sollte Dorothea Wierer noch eine Medaille gewinnen. Nach Silber in der Mixed-Staffel freuten sich die Südtiroler, nach Gold in der Verfolgung waren sie euphorisch, und nach Gold im Einzel herrschte eine kollektive Ekstase der ganzkörperlichen Verzückung, wie man sie nur bei entrückten religiösen Sekten kennt – wenn die Gold-Doro die Leute aufgefordert hätte, in den Antholzer See zu springen, hätten das viele getan. Auch wenn er zugefroren ist. Wo ein Wille ist, findet sich ein Weg.

Es könnte gefährlich werden, für Samstag hat sich Italiens Premier Giuseppe Conte zum Biathlon angekündigt. Dorothea Wierer läuft Staffel, und niemand weiß, was passiert, wenn sie wieder gewinnt. Contes Bodyguards sollten gerüstet sein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich entschuldigt, er bereist lieber Moskau und Südafrika als Antholz – und auch die reservierte Suite für Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt leer. Sie wissen nicht, was sie verpassen: Hackschnitzel und Loipenmilch.