Peter Angerer bei der Biathlon-WM 1983 in Antholz – ein Jahr später gewann der Deutsche Olympia-Gold in Sarajewo.Gottlieb Taschler 2016 als OK-Chef von Antholz Foto: imago

In den frühen 1970ern beginnt Biathlon in Antholz, aus dem Ort wird innerhalb von drei Jahrzehnten ein Mekka dieser Sportart. Ein Zeitzeuge erinnert sich.

Antholz - Es hatte Ende der 1960er nichts in Antholz. Keine Schießanlage, nicht mal eine Loipe. Nur Paul Zingerle hatte den Plan, Biathlon ins Tal zu holen. Er sprach die Buben im Dorf an, Biathlon auszuprobieren, Gottlieb Taschler fand Gefallen. „Wir mussten die Loipe selbst treten“, erzählt der 57-Jährige. Ende der 1970er hatte sich im Tal etwas entwickelt. Am See beim Staller Sattel hatten sie einen Schießstand gebaut. Zwei mal zwei Meter große Holzträger mit fünf Löchern, in die Luftballone gestopft wurden. Wenn sie platzten, war’s ein Treffer. „Die Ballone wurden von Mund aufgeblasen“, berichtet Taschler, „wenn es kalt war, gefror die Feuchtigkeit. Dann sind sie nicht immer geplatzt, auch wenn man getroffen hatte.“

Die WM 1983 war ein Schritt vorwärts, zuvor war das Stadion an den heutigen Standort verlegt und ein Holzhaus mit Kabinen errichtet worden. Die WM fand aber wenig Resonanz: kaum Fans, keine Journalisten. „Die Ergebnislisten bekamen wir zum Frühstück am nächsten Tag“, erzählt Taschler. Vielleicht wäre Antholz nie ein Biathlon-Mekka geworden, wäre nicht Olympia 1984 gekommen und hätten die Italiener kein Team entsandt. Taschler wurde 19. im Sprint, wichtiger aber war: Die Staffel landete auf einem starken fünften Platz. Weil das Antholzer waren, bekam die Sache den nötigen Schub. Plötzlich tauchten bei den Rennen mehr Menschen auf, zu Familie und Freunden gesellten sich Interessierte und Presseleute. Die Technik tat ein Übriges: Es gab Klappscheiben und tagesaktuelle Ergebnisse.

VW stellt 40 Kleinbusse zur Verfügung

Die WM 1995, ein Meilenstein. Es stand ein Haus aus Stein im Stadion, Buden verteilten sich um den Schießstand, 3000 Fans passten auf die Steintribüne. „Die Leute wurden bewirtet“, erzählt Taschler, „es gab Speck und Käse sowie Schnaps und Wein.“ Das erste WM-Catering. Allerdings unter freiem Himmel, bei Wind und Schnee hielt sich der Spaß in Grenzen. Taschler brachte sich in die Organisation ein und übernahm 1997 deren Vorsitz – mit vielen Ideen. Um mehr Menschen anzulocken, wurden Partyzelte angeschafft, damit die wichtigen Gäste trocken blieben, die ersten VIP-Zelte. Biathlon hatte Fahrt aufgenommen, für die ORA-Trophy in Oberhof, Ruhpolding, Antholz, ähnlich der Vierschanzentournee der Skispringer, stellte VW 40 Kleinbusse für die Teams, damit die reisen konnten. Erstes Sponsoring. „Mir war auch klar, dass eine Sportveranstaltung nicht mehr ausreicht“, sagt Taschler, „um eine nennenswerte Menge an Menschen anzulocken.“ So entstand das musikalische Rahmenprogramm, das stets verfeinert wurde.

Mit der WM 2007 kam der Durchbruch. Dank der neuen Tribüne pilgerten 160 000 Fans in die Arena, mehr als 100 Medienvertreter berichteten, es gab ein Logistikkonzept, Partyzelte mit Livemusik, VIP-Bereiche – und die WM 2020 setzt da noch einen drauf. „Es kann fast nicht sein, dass es im Biathlon nur Zuwächse gibt“, wundert sich Taschler. Bei der WM 2020 ist der Antholzer aber nur Zuschauer. Der 57-Jährige und sein Sohn (32), damals Biathlet, sollen 2010 mit Dopingarzt Michele Ferrari in Kontakt getreten sein. Sie wurden 2017 angeklagt, der Senior trat von allen Ämtern zurück – in letzter Instanz gab es einen umstrittenen Freispruch. Taschler betreibt heute ein Gasthaus auf dem Staller Sattel sowie ein Sportgeschäft in der Südtirol-Arena.