Der Europäische Rechnungshof passt auf, dass in der Europäischen Union kein Geld verprasst wird. Nun wird aber ausgerechnet dessen Chef vorgeworfen, den Zuschuss für eine Wohnung erschlichen zu haben. Foto:  

Der Präsident betont, dass bei seinen Abrechnungen zum Wohnort in Luxemburg alles korrekt gewesen sei.

Brüssel - Klaus-Heiner Lehne sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Der Artikel in der französischen Zeitung „Libération“ habe mit der Realität nicht viel zu tun, wischte der Präsident des Europäischen Rechnungshofes alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit großer Vehemenz vom Tisch. Der Text strotze nur so vor falschen Tatsachenbehauptungen und Ungenauigkeiten. Über eine Stunde musste der oberste EU-Prüfer am Dienstagabend dem zuständigen Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments Rede und Antwort stehen. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang, doch die Vorwürfe sind massiv, die Worte Korruption und Betrug stehen im Raum.

Frage nach dem wirklichen Wohnort

Der deutsche CDU-Politiker soll für eine Wohnung in Luxemburg mehr als 300 000 Euro Zuschuss erhalten haben, obwohl er dort nur ein Mal pro Woche übernachte und ansonsten überwiegend in seiner Heimatstadt Düsseldorf lebe. Zudem werde die Wohnung auch von drei seiner Mitarbeiter bewohnt. Zudem habe sich Klaus-Heiner Lehne weiter in seiner Heimatstadt für die CDU engagiert, obwohl vom Spitzenpersonal des Rechnungshofes parteipolitische Neutralität verlangt wird.

Schwere Geschütze eines Journalisten

Erhoben werden die Vorwürfe von Jean Quatremer, einem renommierten Journalisten der französischen Zeitung „Libération“. Der ist kein Unbekannter, denn er hat im Jahr 1999 den Korruptionsskandal um die EU-Kommissarin Edith Cresson aufgedeckt. Zudem hat er 2018 den überraschend schnellen Aufstieg von Martin Selmayr, dem Kabinettschef des damaligen Kommissionschefs Jean-Claude Juncker, zum obersten Kommissionsbeamten publik gemacht. Doch Jean Quatremer geht in seinem Text noch weiter und wirft auch weiteren Mitarbeitenden des Europäischen Rechnungshofes Verstöße gegen Verhaltensgrundsätze der Behörde vor. Dabei geht es etwa um die großzügige Nutzung von Dienstwagen für Privatfahrten oder üppige Abrechnungen von Abendessen.

Daten und Fakten werden offengelegt

Immer wieder wiederholte Klaus-Heiner Lehne, dass die Behauptungen falsch und nicht mit Fakten unterfüttert seien. Ihm sei unverständlich, wie der französische Journalist zu der Behauptung kommt, dass er sich vor allem in Düsseldorf aufhalte. Die ganze Woche sei er in Luxemburg und pendle an den Wochenenden die 220 Kilometer nach Düsseldorf zu seiner Familie, unterstrich der Präsident des Rechnungshofes. Er räumte allerdings ein, dass die Aufenthalte der Angestellten der Behörde nicht kontrolliert würden. „Wir rennen den Leuten nicht hinterher und kontrollieren, ob das Bett noch warm ist“, sagte ein sichtlich genervter Klaus-Heiner Lehne. Aber er könne dem Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments alle Daten und Fakten offenlegen.

Ein Schräges Bild des Rechnungshofes

Dieser Vorschlag wurde von den Mitgliedern des Ausschusses natürlich angenommen. Doch damit nicht genug. Unter anderem der französische Europaabgeordnete Pierre Karleskind forderte eine unabhängige Untersuchung. Klaus-Heiner Lehne versprach, dafür auch die aktuellen Nachweise über Residenzverhältnisse der Angestellten und Anwesenheitsregister der Sitzungen nachreichen zu lassen. Dann sagte er, dass durch den Artikel ein schräges Bild der Arbeit des Rechnungshofes entstanden sei, was er sehr bedauere, um dann noch einmal zu wiederholen, dass alle behaupteten Dinge falsch seien.

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