Rund 180 Eltern und Kinder haben gegen die galoppierenden Betreuungsgebühren demonstriert. Der Bürgermeister bleibt trotz der Proteste hart. Weitere drohen
Ihren Jüngsten hat Sabrina Benneweg auf dem Arm, ihr Vierjähriger schlawinert irgendwo über den Platz vor dem Sachsenheimer Kulturhaus. Stolze 1100 Euro zahle sie für die Ganztagesbetreuung in Kindergarten und Krippe, erzählt die 43-Jährige. Das sei schon günstig. „Wir haben Glück, dass wir zwei Kinder gleichzeitig in der Betreuung haben“, denn da gebe es Rabatt. Außerdem verdiene sie gut, sodass sie sich noch nicht die Sinnfrage gestellt habe. Aber andere treffe es hart. „Ich habe Bekannte, die müssen ihre Wohnung verkaufen, wenn das zweite Kind kommt.“
In Sachsenheim hat sich viel Unmut angestaut über die steigenden Betreuungsgebühren. Rund 180 Eltern und Kinder haben am frühen Dienstagabend in Sachsenheim gegen die anstehende Erhöhung der Kinderbetreuungsgebühren in der Stadt demonstriert. Mit Pfeifen und Plakaten zogen sie vom Spielplatz am Schloss zum Kulturhaus, wo am Abend der Gemeinderat tagte. „Kinder sind keine Luxusgüter“, sagte Sascha Mößner. Der Vorsitzende des Gesamtelternbeirats hat selbst vier Kinder. „Ich bin stolz auf jedes Elternteil, das hier demonstriert.“
Der Gesamtelternbeirat fühlt sich nicht gehört
861 Euro kostet derzeit ein Ganztagesplatz in den Sachsenheimer Kindertagesstätten pro Monat. Bald sollen es 930 Euro sein. Doch die Pläne der Stadt sehen mittelfristig eine weitere Anhebung auf 1040 Euro vor. Den bisherigen Spitzenreiter im Kreis, die Stadt Marbach, habe man schon hinter sich gelassen. „Das ist nicht machbar und das nehmen wir auch nicht hin“, sagte Mößner. Familie und Beruf ließen sich so nicht vereinbaren. Bereits im Mai waren die Eltern erstmals auf die Straße gegangen.
Das Tischtuch zwischen Gesamtelternbeirat und Stadt ist zerschnitten, seit der Gemeinderat vor einem Jahr einen dreistufige Erhöhung der Betreuungsgebühren beschlossen hat. „Wir sind vorher nicht gehört worden“, sagte der Elternsprecher Markus Linnow. Auch sonst sei die Unzufriedenheit mit dem Fachbereich Kinder und Jugend groß. Probleme würden nicht angegangen. „Es heißt immer nur: Wir prüfen.“ Wer beim Fachbereich angestellt werde, müsse als Kernkompetenz offenbar „vier Semester Aussitzen“ nachweisen, sagte Linnow.
Wer ist die teuerste Stadt im Kreis?
Die steigenden Elterngebühren sind auch in anderen Städten und Gemeinden im Kreis Ludwigsburg ein Thema. „Wir brauchen eine Obergrenze für Gebühren“, sagte Christine Moosmann vom Kreiselternbeirat. Gegenwärtig bemühe sich ihr Gremium darum, eine Gebührentabelle für den gesamten Landkreis zu erstellen. Doch das ist kein einfaches Unterfangen. „Alle haben unterschiedliche Kriterien, unterschiedliche Rabatte, unterschiedliche Angebote.“ Auch sie sehe Sachsenheim allerdings in der Spitzengruppe.
Sachsenheims Bürgermeister Holger Albrich ordnete die Gebühren in seiner Stadt hingegen ins Mittelfeld ein. Man wolle sich an den Richtsätzen des Landes orientieren. Dass dies momentan zu stärkeren Erhöhungen führe, räumte er gegenüber unserer Zeitung ein. Hier gebe einen gewissen Nachholbedarf. Dennoch liege der Kostendeckungsgrad kaum höher als zehn Prozent.
Weitere Proteste drohen
Bei der anschließenden Gemeinderatssitzung war die Kinderbetreuung kein Thema. Bei der Bürgerfragestunde zu Beginn der Sitzung meldet sich zur Überraschung der Räte niemand zu Wort. Die Eltern sind schon heimgegangen, die Kinder müssen wohl ins Bett. Zuvor hatte Mößner weitere Proteste angekündigt. „Wir machen eine Demo nach der anderen.“ Es sei gut, wenn die Menschen ihre Meinung kund täten und man befinde sich auf einem guten Weg, glaubt der Bürgermeister. „Was die Gebühren angeht, wird es aber keine Einigungsmöglichkeit mit dem Elternbeirat geben.“