Gut ausgebildetes Personal wird in nahezu jeder Branche händeringend gesucht. Foto: picture alliance/dpa/Marcus Brandt

Die Berufsorientierung an Schulen hat während der Pandemie gelitten. Nun wollen die Verantwortlichen wieder durchstarten. Kultusministerin Theresa Schopper unterstreicht, wie wichtig das ist.

Die Euphorie ist groß gewesen, als sich Vertreter des Landes, der Schulen und der Unternehmen sowie Handelskammern am vergangenen Mittwoch zum Thema Berufsorientierung an Schulen in der Filharmonie getroffen haben. In Filderstadt-Bernhausen sprach Baden-Württembergs Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Theresa Schopper, darüber, dass Begegnungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren gefehlt hätten. „Die Pandemie war Gift für die Berufsorientierung“, so die Grünen-Politikerin.

Sie erkennt, dass sich alte Berufsbilder wandeln und dass es heutzutage eine große Varianz an Möglichkeiten gibt, weshalb es in ihren Augen enorm wichtig ist, Schülern frühzeitig zur Seite zu stehen und zu beraten. „Die Berufsorientierung ist einer unserer Leitgedanken“, meint Schopper. „Wir wollen da Gas geben, das ist unsere Zukunft.“

Praktika waren in Coronazeiten schwer möglich

Die Veranstaltung in der Filharmonie war nur ein Signal nach außen. Die ganze Woche über besuchten unter anderem auch Landtagsabgeordnete Schulen und brachten das Thema wieder näher. Es sei ein großer Unterschied, ob die Jugendlichen in Form von Praktika einen Beruf in der Praxis kennenlernen oder in einem Buch darüber lesen, so Schopper. „Das riecht, das hört sich an, es herrscht eine bestimmte Atmosphäre“, beschreibt Thomas Schenk, Leiter des Schulamts Stuttgart, das Erleben eines Praktikums.

Eben diese hätten in den vergangenen, von Corona geplagten Zeiten gefehlt. Praktika und Besuche waren nicht möglich. Es wurde versucht, diese durch digitale und hybride Angebote zu ersetzen. Aber, „die haben lange nicht dieselbe Effizienz“, findet Schenk. „Es kann das Live-Erlebnis nicht ersetzen.“

Der Fachkräftemangel spitzt sich zu

Vor der Covid-19-Pandemie sei die Berufsorientierung in Baden-Württemberg auf einem guten Level gewesen. „Das Ziel ist es, den Standard von vor zwei Jahren wieder herzustellen“, sagt der Leiter des Schulamts Stuttgart. „Wir wollen umsetzen, was davor da war.“ Die Zusatzangebote hätten gelitten. Eine Folge sei, dass weniger Menschen ein Duales Studium in Baden-Württemberg beginnen.

Schenk sieht ein weiteres Problem, welches es momentan zu bekämpfen gilt: „Der Fachkräftemangel ist Topthema.“ In die gleiche Kerbe haut auch Kultusministerin Schopper: „Der Fachkräftemangel spitzt sich auch im Südwesten zu.“ Gut ausgebildetes Personal wird in nahezu jeder Branche händeringend gesucht. Laut der Industrie- und Handelskammer (IHK) werden der Wirtschaft zwischen 2022 und 2035 pro Jahr durchschnittlich etwa 400 000 Fachkräfte fehlen.

Sie sieht auch die Eltern in der Pflicht

Die frühzeitige Berufsorientierung an Schulen ist für Schopper ein Mittel, um dem entgegenzuwirken. Demnach sollen die Jugendlichen mittels Praktika auch in Berufe reinschnuppern, die sie vielleicht noch gar nicht kannten.

Zudem nimmt die Politikerin, die selbst Mutter von zwei Söhnen ist, die Erziehungsberechtigten in die Pflicht. „Eltern können einen enormen Einfluss haben.“ Auch sie sollten sich ihrer Meinung nach mit der Breite an möglichen Berufen vertraut machen. Beim Aufzeigen der Bandbreite an potenziellen Ausbildungen könne man sowohl bei den Jugendlichen als auch bei den Eltern Neugier wecken.