Bernd Baumann äußerte sich am Mittwoch im „ARD-Morgendmagazin“ zur Reichsbürger-Razzia. Archiv Foto: IMAGO/Future Image/IMAGO/Frederic Kern

Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion Bernd Baumann bezeichnet die bei der Razzia Festgenommenen als „Verrückte“, wittert an anderer Stelle aber eine größere Gefahr für den Staat.

Der AfD-Politiker Bernd Baumann hat die Festgenommenen der „Reichsbürger“-Gruppierung als gefährliche Einzeltäter bezeichnet. „Das sind keine staatsgefährdenden Truppen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Zwar sei die Gesinnung der zwei Dutzend Männer und Frauen nachweislich von Verschwörungstheorien geprägt, allerdings besäßen sie nicht die Fähigkeiten, einen Staatsstreich herbeizuführen. „Das heißt, bis jetzt ist von dieser großen Bedrohung noch nichts zu sehen.“

Baumann, der Mitglied des Innenausschusses ist, betonte, dass der Rechtsstaat in jedem Fall gegen die „Verrückten“ vorgehen müsse, zweifelte jedoch die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes an. „Bei einzelnen Clan-Razzien sind wahrscheinlich mehr Waffen und Geld gefunden worden als bei denen jetzt.“

Nach einer aktuellen Umfrage, die von der Deutschen Presse-Agentur in Auftrag gegeben wurde, sehen jedoch 53 Prozent der Deutschen, dass von Reichsbürgern eine ernste Gefahr für die Demokratie und ihre Repräsentanten ausgeht. 31 Prozent der Teilnehmenden der repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov sehen diese Gefahr nicht, 15 Prozent der Antwortenden waren unentschieden.

Vor einer Woche hatte die Bundesanwaltschaft 25 Menschen festnehmen lassen, die in Kontakt zur Reichsbürger-Szene stehen sollen. 22 von ihnen wirft sie vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte. Die drei weiteren Festgenommenen gelten als Unterstützer. Dem Vernehmen nach wollten die Verschwörer 286 „Heimatschutzkompanien“ bilden, die nach einem Umsturz auch Festnahmen und Exekutionen durchführen sollten.

Unter den Festgenommenen befand sich auch eine frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Baumann kritisierte im Morgenmagazin, dass nicht auch andere mögliche Parteimitgliedschaften der Beteiligten untersucht und thematisiert würden. „Alles was irgendwie rechts oder AfD ist, wird sofort in Zusammenhang mit irgendwelchen bürgerkriegsähnlichen Dingen gebracht“, sagte er. Dadurch werde versucht, die Opposition einzuschüchtern.

Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist die Anzahl der „Reichsbürger“ seit Jahresbeginn aber stark angestiegen. Der Verfassungsschutz schätze das Personenpotenzial in diesem Spektrum inzwischen auf rund 23 000 Menschen – ein Anstieg um rund 9,5 Prozent (rund 2000 Menschen) im Vergleich zum Vorjahr. In den Jahren 2018 und 2019 rechnete der Inlandsgeheimdienst der Szene jeweils etwa 19 000 Menschen zu.

Dass die „Reichsbürger“-Szene in den vergangenen zwei Jahren so stark gewachsen ist, führen die Sicherheitsbehörden in erster Linie auf die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zurück. Diese hätten eine „erhöhte Dynamik und Aktivität“ zur Folge gehabt, hieß es bereits im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021. „Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Oft weigern sie sich, Steuern zu zahlen.