Bahninfrastrukturvorstand Berthold Huber spricht bei der Feier im Tunnel Obertürkheim. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Zumindest im Talkessel hat das Graben der Röhren für den neuen Bahnknoten nun ein Ende – am Flughafen geht die Buddelei noch weiter. Dieses Etappenziel haben die Verantwortlichen nun in Obertürkheim gefeiert. Unter Tage sprach dabei auch ein ehemaliger S-21-Demonstrant.

Nach knapp neun Jahren unterunterbrochenen Grabens ist der Tunnelvortrieb für Stuttgart 21 zumindest im Talkessel abgeschlossen. Symbolisch wurde dieser letzte Durchschlag – der tatsächlich schon einige Wochen zurückliegt – nun in Obertürkheim gefeiert. Seit dem Beginn des Tunnelbaus Anfang Dezember 2013 sind im Stuttgarter Untergrund etwas mehr als 51 Kilometer Tunnelröhren ausgebrochen worden. Als die letzte Rede im Untergrund von Obertürkheim verklungen war, enthüllten die Protagonisten große Ziffern, die die Zahl 51 093 bildeten: so viele Meter haben sich die Mineure unter Stuttgart hindurch gegraben.

Leichte Verwirrung um Tunnelmeter

Gleich mehrere Redner wiesen auf die gewaltigen Dimensionen des Vorhabens hin, die offenbar so unvorstellbar sind, dass sich nicht wenige im Zahlendickicht verhedderten und großzügig auf 100 Kilometer Tunnellänge aufrundeten.

Davon einmal abgesehen, war man sich unter Tage darüber einig, dass großes geschaffen worden sei. Berthold Huber, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn erklärte, mit Stuttgart 21, der Neubaustrecke nach Ulm und der neuen digitalen Sicherungstechnik werde Baden-Württemberg das modernste Eisenbahnland in Deutschland. Erst die genannten Projekte würden im Südwesten den Deutschland-Takt ermöglichen. Das ist ein Fahrplankonzept, bei dem die Züge dank vereinheitlichter Fahrzeiten besser aufeinander abgestimmt werden und an dessen Ende ein Halbstundentakt zwischen den großen Städten in der Republik möglich sein soll. Den Dank an die Tunnelbauer verband er mit einer Empfehlung. „Gehen Sie nicht zu weit weg. Wir brauchen Sie weiter in Stuttgart. Der Pfaffensteigtunnel steht in den Startlöchern“. Dieser gut elf Kilometer lange Tunnel soll einmal die Gäubahn mit dem Flughafen verbinden.

Erinnerung an den Streit um Stuttgart 21

Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, hob gleichfalls auf die Chancen des Deutschland-Takts ab. Er erinnerte an die Kontroverse um Stuttgart 21 und baut darauf, dass Kritiker nach der Inbetriebnahme, vom Nutzen überzeugt würden.

Einer, der diesen Sinneswandel schon durchlaufen hat, ist Berthold Frieß, Amtsleiter im Landesverkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne). Er sei 2009 und 2010 noch gegen das Projekt auf die Straße gegangen, habe aber mit der Volksabstimmung beschlossen, zum Gelingen des Vorhabens beizutragen. Dass er nun im Tunnel bei Obertürkheim an Stelle des in der USA weilenden Ministers sprechen dürfe, freue ihn ganz besonders. „Das ist der Tunnel, durch den ich künftig vom Filstal kommend zur Arbeit nach Stuttgart fahren kann“.

Bisher keine größeren Unfälle

OB Frank Nopper (CDU) erinnerte an die zahlreichen Herausforderungen beim Bau der Röhre, bei dem die Mineure mit reichlich Wasser zu kämpfen hatten und am Schluss eine stark befahrene Brücke unterquert werden musste. Deren Hilfspfeiler stand in Sichtweite des Rednerpults gut sichtbar mitten im Tunnel. Er kann erst entfernt werden, wenn auch die Innenschale aus Beton eingebaut ist. Diese Restarbeiten beschäftigen weiterhin gut 500 Menschen, sagte Karl-Heinz Strauss, Chef des Bauunternehmens Porr. Er lobte die Entschlossenheit und den langen Atem der Projektpartner. „30 Jahre planen und bauen und dann ist man in drei Minuten durchgefahren.“ Er erinnerte aber auch daran, dass die Arbeiten für Stuttgart 21 bislang ohne schweren Unfall erledigt wurden, was bei einem Vorhaben dieser Dimension keinesfalls eine Selbstverständlichkeit sei.

Kaum mehr Protest

Wunden hat das Projekt gleichwohl geschlagen – die Auseinandersetzung über das Für und Wider ist nie gänzlich zum Erliegen gekommen. Die ganz große Aufgeregtheit hat sich aber gelegt. Wurde der Baubeginn noch von Demonstrationen begleitet, so hing am Mittwoch unweit des Veranstaltungsorts an einem Baum ein einsames Protestplakat. „Die Murkser feiern ihren Murks“ stand darauf zu lesen.