In Baden-Württemberg sollen mehr bezahlbare Wohnungen entstehen. Foto: dpa/Cindy Riechau

Mehr neue Sozialwohnungen zu schaffen, ist das Ziel der Landesregierung mit ihrem neuen Förderprogramm. Wie will sie das schaffen?

Stuttgart - Heutzutage eine bezahlbare Wohnung finden? Das gleicht in Zeiten explodierender Mieten einer Suche nach der oft zitierten Stecknadel im Heuhaufen. Diese angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt will die grün-schwarze Landesregierung nun verbessern: „Es ist unsere Verantwortung, dass genug bezahlbarer Wohnraum entsteht“, betonte Bauministerin Nicole Razavi (CDU) am Dienstag.

Mit finanziellen Anreizen für mehr Sozialwohnungen sorgen

Doch wie will sie das schaffen? Denn – und dessen ist sich auch die Ministerin bewusst: „Niemand ist gezwungen, eine Sozialwohnung zu bauen.“ Die Landesregierung muss also für Anreize sorgen, die Eigentümer und Investoren dazu bringen, für mehr Sozialwohnungen im Land zu sorgen. Mit dem neuen Förderprogramm für 2022 sollen das vor allem finanzielle Anreize sein. Dafür nimmt die Landesregierung in diesem Jahr deutlich mehr Geld in die Hand als noch im vergangenen: Insgesamt stünden für das Förderprogramm 377 Millionen Euro zur Verfügung – auch dank höherer finanzieller Unterstützung der Bundesregierung. Im Förderprogramm für 2021 waren es insgesamt 250 Millionen Euro.

Wohnungen fallen aus Sozialbindung

Das höhere Budget sei nötig, um auch den gestiegenen Baukosten entgegen zu wirken: „Wer bereit ist, eine neue Sozialwohnung zu bauen, kann anstatt 3500 jetzt 4000 Euro pro Quadratmeter der berücksichtigungsfähigen Baukosten ansetzen“, sagte Razavi. Auch die Förderung insgesamt soll steigen: Wer neue Sozialwohnungen baut, soll 40 Prozent der förderfähigen Kosten erhalten. Bisher waren es 37 Prozent.

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Doch die Landesregierung hat weiterhin ein zentrales Problem: Immer häufiger verlieren Wohnungen die Sozialbindung. Wie die Kommunen im Südwesten berichten, fallen in den nächsten neun Jahren pro Jahr im Schnitt 1205 Sozialwohnungen weg. Ein Blick zurück verdeutlicht die negative Entwicklung: Ende 2014 gab es im Land noch rund 63 000 geförderte Sozialwohnungen, 2020 nur noch rund 54 000. Immerhin konnte die Landesregierung 2021 rund 2000 neue Sozialwohnungen schaffen. Doch auch Bauministerin Razavi weiß: „Wir sind noch lange nicht am Ziel.“ Und weiter sagt sie: „Für eine nachhaltige Trendwende muss die Förderung auch in den nächsten Jahren auf hohem Niveau fortgesetzt werden.“

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Äußerst skeptisch gegenüber den Plänen von Grün-Schwarz zeigt sich die SPD. „Die aktuell vorgelegten Zahlen sind mitnichten ein echter Fortschritt. Vielmehr verwaltet Bauministerin Razavi den Mangel anstatt eine Wohnraumoffensive zu starten“, kritisiert Jonas Hoffmann von der SPD-Landtagsfraktion. Weil ungefähr ebenso viele Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen wie neu gebaut werden, würde effektiv „keine einzige Wohnung neu geschaffen“.

FDP: Eigentumsaufbau unterstützen

Dabei müssten laut einer Studie jährlich bis zu 6000 neue Sozialwohnungen in Baden-Württemberg entstehen, berichtet Hoffmann und klagt: „Derzeit sind es rund 1500, die neu gebaut wurden. Damit ist Razavi meilenweit vom Bedarf entfernt.“

Die FDP zeigt sich ebenfalls wenig begeistert vom neuen Förderprogramm: „Wir brauchen auch eine Wohnungsbaupolitik, die den Eigentumsaufbau unterstützt, sodass sich auch eine Erzieherin oder ein Handwerker mit Familie eine passende Wohnung leisten kann“, fordert etwa Friedrich Haag von der FDP-Landtagsfraktion.