Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht sich für „weitere und schärfere Maßnahmen“ gegen das Coronavirus aus. (Symbolbild) Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Corona-Zahlen sind weiter hoch, die neuen Virus-Varianten bereiten große Sorgen: Baden-Württembergs Regierung will den Lockdown aufrechterhalten. Und dringt auf deutlich mehr Homeoffice.

Stuttgart - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann will den Corona-Lockdown über Ende Januar hinaus fortsetzen und verschärfen. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir den Lockdown verlängern müssen“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Stuttgart. Als Grund nannte er die weiter hohen Infektionszahlen im Land und die neu aufgetretenen Virus-Varianten aus Großbritannien und Südafrika, über deren Verbreitung man noch zu wenig wisse. Die zunächst angedachte Wiederöffnung von Grundschulen und Kitas komme deshalb erstmal nicht infrage. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) äußerte sich kritisch: „Kinder brauchen andere Kinder.“

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Kretschmann will bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darauf dringen, dass die ursprünglich für den 25. Januar geplante Videokonferenz mit den anderen Ministerpräsidenten auf nächste Woche vorgezogen wird. Er werde sich für „weitere und schärfere Maßnahmen“ einsetzen. „Wir befinden uns noch nicht in einem Abwärtstrend“, sagte Kretschmann zu den aktuellen Infektionszahlen. Auch in Baden-Württemberg seien erste Fälle der mutierten Viren aufgetreten. Man wisse noch nicht, was da auf das Land zukomme.

Eisenmann fürchtet, dass Kinder zu Verlierern der Pandemie würden

Der Regierungschef will vorsorglich schärfere Maßnahmen durchsetzen. So seien in den Unternehmen noch längst nicht genügend Mitarbeiter im Home Office. „Hier geht mehr“, sagte Kretschmann. Zuletzt hatte der Grünen-Politiker auch schärfere Ausgangsbeschränkungen ins Gespräch gebracht. „Wenn das richtig aus dem Ruder läuft, wie wir das in London oder so sehen, und wenn das Gesundheitswesen kollabiert, dann muss man drastische Ausgangssperren machen. Das ist dann das einzige Mittel, das noch wirksam ist“, hatte er am Dienstagabend gesagt.

Auch Eisenmann sagte am Donnerstag, es sei richtig, dass der Lockdown als Ganzes fortgesetzt werde. Jedoch müsse beachtet werden, welche langfristigen Schäden die fortgesetzte Schließung von Schulen nach sich ziehe. Die Entscheidung habe der Ministerpräsident getroffen, betonte sie und fügte hinzu: „Ich hätte mir eine differenzierte Vorgehensweise gewünscht.“ Kinder benötigten ein soziales Gefüge und Betreuung. Sie habe vorgeschlagen, in der kommenden Woche zunächst Kitas und die ersten beiden Klassen der Grundschulen zu öffnen und mit Abstand zu unterrichten. In einem zweiten Schritt hätten dann die Klassen drei und vier beginnen können.

Eisenmann will Grundschulen und Kitas öffnen

Die Kultusministerin, die auch CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im März ist, hatte in den vergangenen Wochen wiederholt und vehement auf eine Öffnung im Sinne der Kinder gedrungen. Sie wollte Grundschulen und Kitas eigentlich schon am vergangenen Montag öffnen - „unabhängig von den Inzidenzzahlen“. Nun sagte sie: Man müsse darauf achten, dass die kleineren Kinder nicht die Verlierer der Pandemie würden. „Das haben sie nicht verdient.“ Im Südwesten soll es nun in allen Schulen bis Ende Januar Fernunterricht geben. Ausnahmen gelten für Abschlussklassen.

Kretschmann hatte zuvor angekündigt, es solle eine Öffnungsperspektive für Grundschulen und Kitas erarbeitet werden, sollte der Lockdown über Januar hinaus gelten. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht“, sagte Kretschmann. „Wir wissen, dass diese Entscheidung mit Härten verbunden ist für Kinder und Eltern.“ Man verlange ihnen viel ab. Er bat die Eltern trotzdem, die Notbetreuung in den Kitas „nur im Notfall“ in Anspruch zu nehmen.

Jüngere Kinder stecken sich weniger an als ältere

Baden-Württemberg werde darauf dringen, dass das Thema Öffnung von Grundschulen und Kitas auch in der nächsten Schalte mit den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin besprochen werde. Man könne die Schließung nicht „für unbestimmte Zeit“ durchhalten, sagte Kretschmann. Es sei klar, dass sich jüngere Kinder weniger ansteckten als ältere. Der Regierungschef und Eisenmann hatten sich am Mittwochabend per Videoschalte mit Virologen, Epidemiologen und Kinder- und Jugendmedizinern beraten. Zuletzt hatte es immer wieder geheißen, Schulen seien zwar keine Treiber der Pandemie, sie seien aber Teil des Infektionsgeschehens.

Mit einer Lockerung hätte Baden-Württemberg, das in vielen Bereichen einen strengen Corona-Kurs fährt, einen Sonderweg beschritten. Bund und Länder hatten Anfang des Jahres den Lockdown auch an Schulen und Kitas bis Ende Januar verlängert. Allerdings sind die Länder für die Bildungspolitik zuständig, und der Beschluss der Ministerpräsidenten und der Kanzlerin lässt ihnen Spielraum. Demnach ist Präsenzunterricht möglich, wenn die Präsenzpflicht ausgesetzt ist. Das ist in Baden-Württemberg schon seit Sommer der Fall. Auch in anderen Bundesländern sind teilweise Schulen und Kitas grundsätzlich offen, aber eher als erweiterte Notbetreuung.