Foto: Sebastian Steegmüller - Sebastian Steegmüller

Viele Polizeieinsätze auf dem Gelände der ehemaligen Bettfedernfabrik

Bad Cannstatt Wirklich lange muss Polizeisprecher Stefan Keilbach nicht suchen, um in den Akten einen Vermerk zur ehemaligen Bettfedernfabrik zu finden. Allein im vergangenen halben Jahr seien gut ein Dutzend Vorfälle registriert worden. Von Kindern, die Scheiben mit Steinen einwerfen, über Wagemutige, die auf den Dächern rumklettern, und Jugendliche, die auf dem Gelände Partys feiern, bis zu Wohnsitzlosen, die in den leer stehenden Gebäuden hausen, ist quasi alles vertreten.

Mehrfach musste in den vergangenen Monaten jedoch auch die Feuerwehr anrücken, weil Unbekannte auf dem Areal, das an den Zuckerleweg und die Hofener Straße grenzt, gezündelt haben. Zuletzt stand am Donnerstagnachmittag, 19. September, ein sieben Quadratmeter großer Wellblechschuppen in Flammen. Der Schaden war überschaubar, schließlich befanden sich hauptsächlich Gerümpel und alte Matratzen darin. Rund 40 Minuten nach dem die Feuerwehr alarmiert wurde, war der Brand gelöscht.

Anfang Juni das gleiche Spiel: Dieses Mal wurde jedoch frühmorgens ein Holzstapel angezündet. Rund einen Monat zuvor hatten Unbekannte zudem in einer der Lagerhallen ein Feuer gelegt. Mehrere Zeugen bemerkten damals gegen 21 Uhr, dass starker Rauch aus dem Gebäude dringt und alarmierten die Feuerwehr. Alle drei Fälle haben eines gemeinsam: Aufgrund der schlechten Bausubstanz lässt sich der Schaden nicht genauer beziffern, des Weiteren verlief die Suche nach den Brandstiftern ohne Erfolg. Bis die Polizei vor Ort gewesen ist, waren diese über alle Berge.

„Des Öfteren halten sich unberechtigte Personen auf dem Gelände auf“, ist ein Satz, der regelmäßig in den Polizeimeldungen zur ehemaligen Bettfedernfabrik auftaucht. Ein Satz, der die Nachbarn zur Weißglut treibt. Eine Rentnerin fordert, dass endlich durchgegriffen wird. „Es ist ein gefährlicher Abenteuerspielplatz. Wenn etwas passiert, kriegt es doch kein Mensch mit.“ Fast jedes Wochenende könne sie von ihrer Terrasse aus Personen beobachten, die sich auf dem Grundstück oder in den Gebäuden aufhalten. Mittlerweile rufe sie nicht mal mehr die Polizei. „Es nutzt ja eh nichts.“ Die nächtlichen Ruhestörungen seien das eine, die Brandstiftungen würden das Fass jedoch endgültig zum Überlaufen bringen. „Dreimal in wenigen Monaten. Das ist ein unmöglicher Zustand für uns Anwohner.“

Polizeisprecher Stefan Keilbach versteht ihre Sorgen und verspricht, dass die Einsatzkräfte sensibilisiert seien. „Die Streifen haben die ehemalige Bettfedernfabrik im Blick.“ Außerdem habe man bereits im Sommer mit den Eigentümern Kontakt aufgenommen. Teilweise mit Erfolg: Die Berge von Kartons, die sich Jahre lang bis unter die Decke stapelten und einen wahren Brandbeschleuniger dargestellt hätten, sind verschwunden. „Es sieht inzwischen deutlich aufgeräumter aus.“

Im Rathaus werde man – nach einer Begehung durch den Vollzugsdienst – ebenfalls Kontakt zum Eigentümer suchen, verspricht Stadtsprecher Sven Matis. Zum einen, um über eine etwaige Verbesserung der Sicherheit zu sprechen, zum anderen, um eine baldige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Grundsätzlich seien beide Themen Sache des Eigentümers, da das Gelände und das Gebäude in Privatbesitz ist. „Aber natürlich hat die Stadt ein Interesse daran, dass es hier weitergeht und auch, dass niemand zu Schaden kommt. Ziel ist es, in diesem Bereich über 100 Wohnungen entstehen zu lassen. Hier werden wir drängen. Zumal das Gelände schon viel zu lange leer steht“, so Matis. Doch woran liegt es dann eigentlich, dass auf dem Areal seit 17 Jahren nichts passiert ist? Zum einen ist der lange Zeitraum mit schwierigen Grundstücksverhandlungen begründet. Darüber hinaus lag vor vielen Jahren schon einmal ein Wettbewerbsergebnis vor, die Pläne wurden jedoch von einem Besitzerwechsel durchkreuzt, das Esslinger Unternehmen Artikular Architekten ist jetzt für die Planung verantwortlich. Einen neuen Anlauf hat die Stadt dann im Oktober 2016 genommen. Damals wurde im Bezirksbeirat Bad Cannstatt ein Entwurf vorgestellt, das gesamte Quartier neu zu entwickeln. Weil zwei Eigentümer jedoch nicht mitspielten, mussten die Pläne von rund 130 auf 90 Wohnungen abgespeckt werden. Jetzt wird eben nur ein Teilbereich entwickelt.

„Der Bebauungsplanentwurf ist mittlerweile weitgehend ausgearbeitet“, sagt Angela Weiskopf vom Amt für Stadtplanung und Wohnen. Dabei handele es sich um ein komplexes Planwerk, bestehend aus dem zeichnerischen Teil, den textlichen Festsetzungen und der Begründung.

„Erforderlich war eine Reihe von Gutachten. Aktuell erfolgen letzte Abstimmungen.“ Parallel hierzu würde der städtebauliche Vertrag zum Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) fertiggestellt. „Wir gehen davon aus, dass wir Anfang 2020 mit dem Bebauungsplanentwurf in die Gremien gehen, um den Auslegungsbeschluss herbeizuführen.“