Der Wilhelmsplatz, wie er sich heute präsentiert. Die CDU plädiert für den Bau eines Stadttunnels. Foto: /Uli Nagel

Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion: Die Stadt soll eine Studie in Auftrag geben. Diese soll herausfinden, ob der Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt untertunnelt werden kann.

Verkehrsteilnehmer, die auf Bad Cannstatts Straßen unterwegs sind, brauchen Zeit und Nerven. Vor allem rund um den Wilhelmsplatz, der zumeist im Berufsverkehr völlig überlastetet ist. Ein Umbau im großen Stil scheiterte bisher jedoch immer an seiner Komplexität.

Täglich rund 35 000 Autos und mehr als 43 000 ÖPNV-Nutzer passieren den Platz, der stündlich von 80 Fahrzeugen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) überquert wird. 105 Ampeln sind nötig, um hier einigermaßen Ordnung zu halten. „Mehr Kapazitäten kann die Stadt dort nicht mehr schaffen“, sagt Andreas Hemmerich, Verkehrsexperte beim Stadtplanungsamt und seit geraumer Zeit mit dem neuen Verkehrsstrukturplan für Stuttgarts größten Stadtbezirk beschäftigt. Alle Daten werden in diesem Jahr gesammelt und in einem Maßnahmenkatalog zusammengefasst. Dann haben der Bezirksbeirat und der Gemeinderat das letzte Wort. Hemmerich und die Verwaltungsspitze hoffen, dass die inhaltliche Diskussion, dazu zählt auch eine Bürgerbeteiligung, 2024 losgehen kann.

Säule im Verkehrsstrukturplan

Dass der Wilhelmsplatz mit dem Rosensteintunnel/Leuzeknoten, dem Umbau des Augsburger Platzes sowie der neuen Rosensteinbrücke (die Fertigstellung ist frühestens 2028) wichtige Säulen des Masterplans sind, betonen die Verkehrs- und Stadtplaner immer wieder aufs Neue. Die CDU-Gemeinderatsfraktion hat jedoch den Wilhelmsplatz in ihren Fokus gesetzt. Sie plädiert für eine Tunnellösung und fordert eine Machbarkeitsstudie. „Hintergrund für unseren Antrag war die Bezirksbegehung unserer Fraktion zusammen mit der Stadtverwaltung vor einigen Wochen“, sagt Beate Bulle-Schmid, die stellvertretende Fraktionschefin.

Handlungsbedarf am Wilhelmsplatz

Beim Spaziergang vom Cannstatter Bahnhof über den Wilhelmsplatz und durch die Marktstraße seien die verkehrlichen und städtebaulichen Mängel rund um den Verkehrsknoten noch einmal offenkundig geworden. Verschärft wird das Szenario durch die Kaufhof-Brache.

Keine Frage: „In Bad Cannstatt herrscht in der Altstadt in vielen Bereichen großer Handlungsbedarf“, so Bulle-Schmid, wobei ihre Fraktion den Wilhelmsplatz mit einer Tunnellösung ins Zentrum rücken wolle. Denn nur so könne der ÖPNV vom Individualverkehr getrennt werden.

Gespräch mit Stadt und SSB

Ein mehrstündiges Gespräche mit SSB-Verantwortlichen und den zuständigen Ämtern machte dabei klar: „Eine Verlegung des Stadtbahnverkehrs nach unten geht nicht, das haben die SSB-Planer von Anfang an betont“, sagt Beate Bulle-Schmid. Also müsste der Fahrzeugverkehr unter die Erde. Die CDU schlägt dabei folgende Variante vor: Die Stadt gibt eine Machbarkeitsstudie für einen zweispurigen Kfz-Tunnel im Verlauf der Waiblinger und der König-Karl-Straße (Fahrtrichtung Neckar) in Auftrag. Die bei einer möglichen Realisierung frei gewordenen oberirdischen Verkehrsflächen werden anschließend für eine Neuordnung des Wilhelmsplatzes zu Gunsten von Fußgängern, ÖPNV und Radverkehr verwendet.

Kaufhof-Areal „integrieren“

Dadurch würden auch jede Menge Flächen für eine attraktive Neugestaltung geschaffen. „Vor allem das Kaufhof-Gelände kann da eine maßgebende Rolle spielen“, betont die Fraktionsvizechefin. Die CDU plädiere hierbei bewusst „nur“ für zwei unterirdische Fahrspuren, da es das erklärte Ziel der Stadt sei, die Verkehrsmengen langfristig auf einem Cannstatter City-Ring zu bündeln und so nicht nur den Wilhelmsplatz, sondern auch die örtlichen Verbindungsachsen – etwa die Schmidener Straße – zu entlasten.

Bahnhofsquartier spielt tragende Rolle

Durch die Aufgabe der Fahrspuren über den Wilhelmsplatz in Richtung Fellbach entstehe auf dieser Seite ebenfalls jede Menge Spielraum für eine attraktive Platzgestaltung und Neuordnung.

„Dabei soll die Stadt ihre Pläne für das Bahnhofsquartier mit einbeziehen“, betont Beate Bulle-Schmid. Bekanntlich soll das Viertel nach dem Abriss der Schwabenbräu-Passage und dem Parkhaus an der Eisenbahnstraße ab 2025/2026 neu überplant und bebaut werden. In diesem Zusammenhang erachtet es die CDU für sinnvoll, vorab eine Aufwertung der Bahnhofstraße zwischen dem neu gestalteten Bahnhofsvorplatz und dem Wilhelmsplatz in Angriff zu nehmen und zu den Haushaltsberatungen dafür die für eine Neugestaltung benötigten Mittel zu benennen. Eine Maßnahme, die laut Bulle-Schmid seit Jahren „überfällig“ ist.

Positives Beispiel in Fellbach

„Der Stadttunnel Fellbach hat gezeigt, welche verkehrliche Wirkung und welche städtebauliche Aufwertung mit einem solchen Straßentunnel erreicht werden kann“, resümiert die Fraktionsvizechefin den Vorstoß der CDU, die in den vergangenen Jahrzehnten sich nicht nur für eine Untertunnelung des Wilhelmsplatzes stark gemacht hat. „Die Verwaltung soll auch die vor Jahrzehnten schon für gut und machbar bewertete Verbindung zwischen der Benz- und der Augsburger Straße planerisch wieder aufnehmen.“ Doch diese Maßnahme mache erst dann Sinn, wenn der Augsburger Platz zu einem „Vollknoten“ umgebaut würde.

Der Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt

Entstehung
Entstanden ist der Platz ab 1830. Bad-, Wilhelm-, Bahnhof- und Seelbergstraße wurden nach und nach angelegt. Aus dem Aufeinandertreffen dieser Straßen entwickelte sich der Wilhelmsplatz, der 1850 seinen Namen erhielt.

Verkehrsknoten
Nach der Fertigstellung der König-Karls-Brücke 1893 existierte nun eine Straßenverbindung von Stuttgart über den Wilhelmsplatz nach Fellbach. Um die Jahrhundertwende fuhren dann auch die ersten Straßenbahnen.

Zweiter Weltkrieg
Nach den Zerstörungen durch den Krieg war auch am Wilhelmsplatz Wiederaufbau angesagt. Als Erstes entstanden Ladenbauten, 1976 unter anderem das Wilhelmscenter und der Kaufhof.

Umbau
Von 2002 bis 2004 wurde der Platz für 1,7 Millionen Euro zuletzt im großen Stil umgebaut. Es entstand die neue SSB-Haltestelle, wobei die Busse von der Platzmitte in die Seitenlage verlegt wurden.

Tunnellösung
Schon seit Jahrzehnten gibt es – vornehmlich vom bürgerlichen Lager des Gemeinderats – die Forderung nach einer Untertunnelung. 2001 versprach der damalige Tiefbauamts-Chef Hartwig Beiche der CDU eine Machbarkeitsstudie für einen Stadttunnel. Beim Versprechen ist es jedoch geblieben.