Maximilian Grimm mit seinem Buch. Foto: /Edgar Rehberger

Maximilian Grimm hat seine Doktorarbeit zur Entwicklung Cannstatts zur Kurmetropole geschrieben. Jetzt ist die Arbeit dank Unterstützung von Pro Alt-Cannstatt als Buch „Curbad Cannstatt“ erhältlich.

Bad Cannstatt - Curbad Cannstatt – Entwicklung zur Kurmetropole“ heißt das Buch, das aus der Doktorarbeit von Maximilian Grimm entstand. „Ich habe bewusst die historische Schrift verwendet“, erläutert Grimm. Gehe es doch auch um den internationalen Ruf der „Cure City Cannstatt“. Einerseits Idylle und doch auch Metropole. „Bad Cannstatt hat sein Potenzial nie ausgeschöpft. Es ist immer noch da“, ist Grimm überzeugt.

Fünf Jahre hat er an seiner Doktorarbeit gesessen. Sie ist dann doch etwas umfangreicher geworden. Das Buch weist 298 Seiten auf, 196 davon sind Text, auf den restliche Seiten finden sich 175 Bilder und historische Abbildungen, die zum Teil erstmals zu sehen sind. So beispielsweise eine Ansicht von „Canntstatt“ und dem Badgarten vom Kahlenstein aus nach J.F. Haug 1797.

Grimm geht in seinem Werk chronologisch vor, wobei das 19. Jahrhundert gründlicher beleuchtet wird. „Mir geht es um die Gesamtgeschichte.“ Und da darf der kritische Blick in die Gegenwart nicht fehlen. Auch heute noch könne einiges geleistet werden, um an die ruhmreiche Zeit zu erinnern. „Eine Soleinstallation beispielsweise wäre möglich.“ Grimm verweist auf derartige Gradierwerke als Freiluft-Sole-Inhalatorium im Kurpark von Bad Orb und in Bad Rappenau. Der 34-jährige hat daher im Bürgerhaushalt ein Gradierwerk vorgeschlagen.

Viel in Kurorten unterwegs

Für seine Arbeit hat der gebürtige Cannstatter nicht nur viel Zeit im Stadtarchiv, in Bibliotheken und in Archiven wie dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart und dem Staatsarchiv Ludwigsburg, die viele Schriften aus dem 19. Jahrhundert speziell zu Cannstatt als Kurort beherbergen, verbracht, sondern auch einige Kurorte besucht. Dabei hat er einige interessante Dinge entdeckt. So war Cannstatt der erste Kurort, in dem Pferderennen stattfanden, so wie sie später auch in Baden-Baden durchgeführt wurden. Im Jahr 1818 gab es nachweislich ein Pferderennen auf dem Cannstatter Wasen. Sehenswert war auch die Allee, die vom Kursaal an den Neckar führte. Diese wurde 1950 trotz heftigen Protests aus der Bevölkerung abgeholzt.

Erster Kurort Europas mit Flussbadeanstalt

1821 hat Nicolaus Thouret eine Trinkhalle mit Brunnenallee am Sulzerrain entworfen. „Dazu gab es mehrere Entwürfe“, entdeckte Grimm. Einer davon stammte von Gottlob Georg Barth. Diese wurde dann 1823 in Bad Boll gebaut. Der Vergleich mit dem Entwurf von Cannstatt ist frappierend und im Buch auch gut zu erkennen.

In Cannstatt ist auch der erste europäische Kurort mit einem gebauten Flussbad. Der Arzt Johann Jacob Frösner hat 1793 im Neckar eine Flussbadeanstalt errichten lassen. „Sie hatte sieben hölzerne Bade- und Umkleidekabinen“, schreibt Grimm im Buch. „Auf Stufen zwischen Ufer und Bad konnten Badegäste sitzen und von dort die Aussicht auf die Uferwege genießen.“

Der Große Kursaal, gebaut nach den Plänen von Nicolaus Thouret, ist im pompejanischen Stil bemalt. Die Wandmalereien der Innendeko stammen vom Künstler Bernhard von Nehr, fand Grimm heraus. Diese sind im 2. Weltkrieg verbrannt und zwischenzeitlich ganz verschwunden. Heute dominiert die Farbe weiß.

Jährlich 3000 Kurgäste aus aller Welt

Interessant ist auch der Verweis auf Wiesbaden. „Der Cannstatter Architekt Christian Zais war dort aktiv, baute 1810 das Kurhaus.“ Er ist auch für das Erbprinzenpalais verantwortlich, das 1813 entstand. Dieses erinnert stark an das Hotel Hermann. Heute steht an der Stelle das Krankenhaus vom Roten Kreuz. Episode am Rande: Die Schwester von Christian Zais betrieb das Wilhelmsbad.

Zu seiner Hochzeit kamen 3000 Gäste aus aller Welt in den Kurort. Aufgrund der internationalen Gäste gab es eine englische Kirche, die heutige Christuskirche in der Daimlerstraße, und eine Synagoge, so Grimm, der auch auf die russisch-orthodoxen Stätten verweist. „Cannstatt galt auch als Luftkurort.“

Ein Bad kann Stadt

Der Stadtname Bad Cannstatt sei ein entsprechender Name, denn er enthält die Lautfolge von: Ein Bad kann Stadt sein. „Die Stadt scheint gewissermaßen prädestiniert, den Beweis zu erbringen, als hochgradig urbanisierter Kurort funktionieren zu können“, schlussfolgert Grimm. Aus einer Reihe von Fehlschlägen und Enttäuschung habe sich aber ein regelrechter Minderwertigkeitskomplex als Kurort entwickelt. „Heute stellt sich die Frage, wie viel Urbanität ein Kurbad verträgt. Der meist partiell vorgehenden Stadtplanung fehlt häufig ein ästhetisches Gesamtkonzept, das eine Stärke früherer Zeit war.“

Viel Unterstützung hat Grimm vom Verein Pro Alt-Cannstatt und dem Vorsitzenden Olaf Schulze erhalten. Der Historiker hat dafür gesorgt, dass die Doktorarbeit als Buch erschienen ist. „Da habe ich einiges an Zeit investiert.“ Der Verein hat den Druck der ersten Auflage finanziert. „Das war für uns keine Frage. Schließlich wird mit dem Buch erstmals ein Überblick über die Entwicklung Cannstatts als Kurort geliefert.“ Als Dankeschön hat Grimm dem Verein einen Originalkrug (siehe Bild) überlassen. Er hat den Cannstatter Mineralwasserkrug vom Sulzerrain aus den Jahren 1830 bis 1860 im Internet bei einem Sammler entdeckt und erworben. Es ist der bislang erste Mineralwasserkrug aus der Zeit. „Wir sind dankbar, dass Herr Grimm den Originalkrug Pro Alt-Cannstatt überlassen hat“, freut sich Schulze.

Auch Masterarbeit als Buch

Es ist nicht die erste Zusammenarbeit von Grimm mit Pro Alt-Cannstatt. Der Verein hat ihm schon bei seiner Masterarbeit im Kunstgeschichte-Studium geholfen. Das Thema: „Die historische Wilhelma“. Auch daraus ist ein Buch entstanden, in dem einige interessante und neue Aspekte zur Wilhelma auftauchen.

Maximilian Friedrich Grimm: Curbad Cannstatt – Entwicklung der Kurmetropole, erhältlich für 25 Euro in der Buchhandlung Osiander, Marktstraße 33A+B.