Die Deponie Steinbach aus der Luft: rechts die größtenteils schon begrünten Restmüllablagerungen, links der für die Erddeponie vorgesehene Bereich Foto: Fa. Luftbild-Karlsruhe/Heiko Breckwoldt

In den 1990er Jahren hat die Einrichtung der Mülldeponie Backnang-Steinbach für große Proteste gesorgt. In spätestens neun Jahren läuft die Betriebszeit aus. Doch einer vorzeitigen Verlängerung steht wohl kaum etwas entgegen.

Wenn die Kommunen Backnang und Oppenweiler von ihrem Vertragsrecht Gebrauch machen würden, wäre die Mülldeponie Steinbach in spätestens neun Jahren Geschichte. Bis 2032 reicht die in den 1990er Jahren mit dem Kreis getroffene Vereinbarung, auf einem rund 50 Hektar großen Grundstück im Wald zwischen Steinbach und Oppenweiler Müll entsorgen zu dürfen.

Anwohnerproteste in den 90er Jahren

Während das Agreement seinerzeit heftige Anwohnerproteste hervorgerufen hatte, dürfte die nun vom Kreis angestrebte vorzeitige Verlängerung der Betriebszeit bis zum Jahr 2055 aber wohl kaum noch Wellen schlagen. Der Grund: Das Bild einer Mülldeponie hat sich grundlegend gewandelt. Denn seit 2005 in Deutschland kein Hausmüll mehr abgelagert werden darf, gehören offene Berge mit stinkenden Hinterlassenschaften der Vergangenheit an. Der Restmüll des Rems-Murr-Kreises wird seither im Müllheizkraftwerk Stuttgart-Münster verbrannt, wo daraus Strom und Fernwärme erzeugt werden.

Der auf Basis früherer Bestimmungen bereits abgelagerte Restmüll muss aufwendig eingegraben und abgedichtet werden. In der Deponie Backnang-Steinbach ist damit 2017 begonnen worden, im kommenden Jahr wird die Maßnahme komplett abgeschlossen sein, schätzt Lutz Bühle, der Technische Vorstand der kreiseigenen Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWRM). Das Ziel sei, die Flächen dann so umfangreich wie möglich für solare Energieerzeugung zu nutzen. Die unter der Oberfläche entstehenden Deponiegase werden bereits abgesaugt und einem Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung zugeführt. Künftig soll die energetische Nutzung mit neuartigen Verfahren noch optimiert werden.

Annahmestelle soll modernisiert werden

Otto Normalentsorger ist die Deponie heute hingegen wohl eher als Annahmestelle bekannt, an der wiederverwertbare Dinge wie Pappe, Metall oder Elektroschrott aussortiert werden. Doch auch in diesem Bereich haben sich die Anforderungen in den vergangenen Jahren gewandelt – und mit den vielfältigen Wertstofffraktionen habe die Infrastruktur der Annahmestelle nur bedingt Schritt gehalten. Das räumen die Verantwortlichen ein. Die Verkehrssituation sei optimierungsbedürftig, die Wartezeiten seien oft lang, die Übersichtlichkeit und Kundenfreundlichkeit müssten ausgebaut werden, heißt es in einer Bestandsaufnahme für ein neues Konzept.

Dieses soll insbesondere Bedürfnisse berücksichtigen, die bei einer entsprechenden Umfrage benannt worden seien. An oberster Stelle habe der Wunsch nach einem breiten Annahmespektrum an verschiedenen Abfällen, einer zügigen Abwicklung sowie verbesserten Öffnungszeiten gestanden. „Wir wollen die Menschen mitnehmen und Abfallentsorgung einfach und unkompliziert gestalten“, verspricht der Landrat Richard Sigel. Das neue Konzept sehe unter anderem eine zweispurige Zufahrt vor, großflächige Verkehrsbereiche sollen eine rasche Abwicklung ermöglichen, tieferliegende Container eine bequeme Befüllung.

Auch als Deponie weiter gefragt

Doch auch als Deponie soll der Standort weiter eine wichtige Rolle spielen. Denn die mit Abstand größten Müllmengen fallen im Landkreis als Erdaushub an, und Steinbach ist die letzte verbliebene Deponie dafür. Mehr als 100 000 Tonnen Erde werden dort jedes Jahr abgelagert. Und unabhängig von der ablaufenden Betriebserlaubnis wären die dafür vorgesehenen Flächen in etwa zehn Jahren erschöpft.

Dennoch ist eine Vergrößerung der bestehenden Deponie nicht nötig – wohl aber eine sogenannte Umwidmung: Im Bereich der ehemaligen Hausmülldeponie stehen laut Angaben der AWRM größere ungenutzte Deponievolumina zur Verfügung, die wegen der Einstellung der Rohmüllablagerung nicht im ursprünglich geplanten Ausmaß benötigt wurden. Statt schadstoffbelasteter Abfälle solle hier künftig unbelasteter Bodenaushub abgelagert werden, so der Plan. Mit der Umwidmung der vorhandenen Flächen in einem Umfang von etwa acht Hektar wird eine Verlängerung der Betriebszeit der Deponie bis zum Jahr 2055 angestrebt. Die Jahreszahl ergibt sich aus dem voraussichtlichen Ende der Verfüllung der erweiterten Erddeponie.

Noch sind die Verträge mit den Kommunen nicht unterzeichnet. Doch nach intensiven Beratungen mit Vertretern der Verwaltungen und den Gremienmitgliedern sieht der Landrat das Vorhaben auf einem guten Weg. Bedenken hinsichtlich des Verkehrsaufkommens oder einer umweltverträglichen Deponiebewirtschaftung seien aufgenommen und bei der Konzepterstellung berücksichtigt worden.

Bürgerbeteiligung direkt vor Ort

Nun aber will man auch die Bürger mit ins Boot nehmen. Diese sind auf kommenden Samstag, 27. Mai, eingeladen, sich vor Ort detailliert über das Projekt zu informieren. Von 15 Uhr an bietet die AWRM Interessierten auch die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu blicken und sich den Deponiebetrieb anzusehen.