Der Parkplatz für Lastwagen nimmt einen großen Teil der Fläche des Wangener Autohofs ein. Foto: Elke Hauptmann

Weil Gewerbefläche in Stuttgart knapp ist, sind innovative Lösungen erforderlich, um bestehende Areale optimal zu nutzen. Für den Autohof gibt es interessante Vorschläge.

Wangen - Stuttga rt weist als prosperierender Wirtschaftsstandort eine starke Nachfrage nach Gewerbeflächen auf. Doch freier Platz ist in der Großstadt rar. „Um die gewerblichen Strukturen zu sichern, die Weiterentwicklung zu unterstützen und neue Flächen zu entwickeln, sind innovative Lösungsansätze notwendig“, betont Baubürgermeister Peter Pätzold. Ein Zukunftstrend könnte das Stapeln gewerblicher Nutzungen im Bestand sein. „Bei Wohnnutzungen ist dies gängige Praxis, aber bei Gewerbenutzungen weitestgehend Neuland.“ Wie und wo eine effizientere Flächennutzung möglich wäre, zeigt das von der Stadtverwaltung initiierte und vom Land finanziell geförderte Projekt „Urban Sandwich“. Der Abschlussbericht liegt jetzt vor.

Um die stadtplanerischen, architektonischen und immobilienwirtschaftlichen Bedingungen einer Stapelung angemessen untersuchen und bewerten zu können, wurde im April vergangenen Jahres ein Team aus zwei Planungsbüros mit der Untersuchung beauftragt. Etwa 25 Gewerbegebiete im Stadtgebiet kamen dafür in Betracht, ausgewählt wurden fünf Standorte, die repräsentativ für unterschiedliche Gewerbegebietstypen sind – drei davon befinden sich in Wangen: neben dem VEBA-Areal und dem R.-Stahl-Areal, beide an der Ulmer Straße, ist das der Autohof der Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG) zwischen der Hedelfinger Straße, den Otto-Konz-Brücken und der B 10, ein Gewerbestandort mit großen Logistik-, Rangier- oder Parkierungsflächen.

Aufgeständerter Neubau

Die Eigentümerin des Geländes ist gerade dabei, den Standort um- und auszubauen. Ein neues Hotel entsteht, das alte SVG-Verwaltungsgebäude wird durch einen Neubau ersetzt. Auf dem Areal befinden sich auch eine Tankstelle, ein Reifenservice, eine Autowaschanlage und ein riesiger Stellplatz für Lastwagen. Die Experten sehen großes Stapel-Potenzial: Durch die großflächige Überbauung der Stellflächen mit Hallenmodulen unter Beibehalt der bisherigen Nutzung könnte viel Platz für Neues entstehen.

Für einen Handwerker- und Gewerbehof zum Beispiel. „Das Angebot des Autohofs rund um das Kfz ist auch für Handwerker und Gewerbetreibende attraktiv.“ Die Fachleute schlagen ein aufgeständertes, zweigeschossiges Gebäude vor, das sich kammartig um mehrere Innenhöfe organisiert. Auf dem Niveau des Erdgeschosses parken die Lastwagen, zudem kann ein Teil des Lieferverkehrs der Handwerksbetriebe hier abgewickelt werden. Darüber befinden sich flexibel aufteilbare Gewerberäume.

Attraktive Nutzung der Dachfläche

Der zweite Vorschlag der Experten ist ein „Logistikzentrum der Zukunft“für die Warenverteilung im Stadtgebiet. „Diese Nutzung ließe sich, bei einer Gesamtüberbauung der Stellplätze des Autohofs, an diesem Ort in einer Größe von etwa 17 000 Quadratmetern realisieren.“ Möglich mache dies ein aufgeständerter, unter- und befahrbarer Hallenbau. In den beiden Obergeschossen befinden sich Gewerberäume, auf dem Dach erweitern attraktive Freibereiche und Serviceleistungen das Angebot des Autohofs für seine Kunden und Mitglieder mit beispielsweise einem Boardinghaus, Coworking-Space, Fitness- und Entspannungsangeboten, Seminarräumen für Schulungen und einem Restaurant, das auch Kochkurse anbietet. „Ergänzend finden sich auf der großen Dachfläche Nutzflächen für beispielsweise ein Urban-Farming-Projekt, das nicht nur das Restaurant, sondern auch die Schule, den Kindergarten und den Stadtteil mit frischem Gemüse vom hauseigenen Lieferservice versorgt. Weiterhin sind noch eine Stadtteilwerkstatt geplant und eine Fotovoltaikanlage, um Strom für den Eigenbedarf zu erzeugen. Je nach Bedarf kann das Gebäude in Teilen vom Eigentümer zur Ergänzung seines Angebots selbst genutzt oder vermietet werden.“

Vertiefende Gespräche

Schöne Ideen, doch wie sind die Realisierungschancen? Rechtliche Fragen sind da zu klären: „Um eine zukunftsfähige Planung und optimierte Nutzung der Flächen zu ermöglichen, wird eine Anpassung des gültigen Bebauungsplans und eine Ausweitung der zulässigen Nutzungen um das übliche Spektrum vorgeschlagen“, so die Experten. Doch ihre zentrale Erkenntnis lautet: „Die Umsetzbarkeit der vertikalen Stapelung gewerblicher Nutzungen hängt viel mehr von ökonomischen Interessen als von baulichen Aspekten ab.“ Es gibt einen Funken Hoffnung: Wie Peter Pätzold informiert, werden zurzeit „durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen und die Abteilung Wirtschaftsförderung Gespräche mit der Eigentümerschaft zum Teststandort Autohof Wangen vertieft“.

Der Bürgermeister zeigt sich euphorisch ob der Ergebnisse der Untersuchung: „Die gewonnenen Erkenntnisse zur Stapelung gewerblicher Nutzungen sind herausfordernd, aber auch vielversprechend und drängen darauf, mit umsetzungsorientierten Pilotprojekten den nächsten Schritt in die praktische Anwendung zu machen.“ Die Experten hingegen dämpfen die Erwartungen. Die Hürden für ein Gelingen lägen vor allem „in der Marktfähigkeit der Angebote, den immer noch vorhandenen Ausweichmöglichkeiten auf preisgünstigere Standorte in der Region und in den differenzierten Eigentums- und Wertschöpfungskonstellationen der Akteure“.