In einem Internet-Video hat sich Rathauschef Bernd Hornikel im Sommer selbst auf die Schippe genommen – jetzt hat die Stadt Schorndorf für ihre Social-Media-Mühen eine Auszeichnung erhalten.
Die einen fanden es hochnotpeinlich, die anderen feierten ihren Oberbürgermeister schon als Internet-Star. In einem von der Stadt veröffentlichten Tiktok-Video zeigte der Schorndorfer Rathauschef Bernd Hornikel im Sommer sein komödiantisches Talent – und nahm sich in dem 82 Sekunden langen Schnipsel gehörig auf die Schippe.
Lohn für die Mühe war nicht nur landesweite Aufmerksamkeit. Der für den Social-Media-Auftritt der Daimlerstadt produzierte Kurzfilm hat Schorndorf jetzt auch eine unerwartete Auszeichnung beschert. Beim Staatsanzeiger Award kam das Video in der Kategorie „Bürgermeister mit Mission“ dieser Tage auf einen zweiten Platz – nicht schlecht für einen vor Ort eher belächelten Erstversuch.
Schorndorfs OB feiert Erfolg: Auszeichnung für Kreativität!
Den Spitzenplatz unter immerhin 130 Wettbewerbsbeiträgen in fünf Kategorien sieht der Rathauschef prompt als Ritterschlag. „Das spricht für die hervorragende Arbeit, die wir an vielen Stellen leisten und die anderen Kommunen regelmäßig als Vorbild dient“, sagt Bernd Hornikel.
Zumal sich Schorndorf auch in einer zweiten Kategorie auf dem Treppchen wiederfand. Ebenfalls ausgezeichnet wurde das Format „Brunch and Learn“, bei dem die Stabsstelle Digitalisierung um Philipp Stolz und Manuel Landauer im Rahmen eines Bürgerworkshops über den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Verwaltungsarbeit spricht.
@stadtschorndorf Wie stellt ihr euch den Alltag eines Oberbürgermeisters vor?
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Als Erfolg wird in Kommunalverwaltungen schon gewertet, wenn sich jüngere Zielgruppen überhaupt für die Lokalpolitik interessieren. In dem von Social-Media-Managerin Eva-Marie Mihai erdachten Tiktok-Video waren die eher glamourösen Vorstellungen der Bürgerschaft über den Arbeitsalltag eines Oberbürgermeisters mit der ausgesprochen nüchternen Realität kontrastiert worden – beides humoristisch auf die Spitze getrieben.
In der staatstragend-präsidialen Variante ist Rathauschef Hornikel zu sehen, wie er mit der Amtskette um den Hals erst mal ausführlich die Zeitung liest, während ihm ein Security-Mann mit Knopf im Ohr den Morgenkaffee an den Schreibtisch reicht. Sonst gibt’s nicht viel zu tun – außer eine salbungsvolle Rede zu halten, in die Kamera lächelnd ein rotes Band zu durchschneiden und zum Dienstschluss um Punkt 17 Uhr in eine schwarze Nobelkarosse zu steigen.
Der hektische Alltag eines Oberbürgermeisters im Fokus
Der Wirklichkeit offenbar deutlich näher kommt die Rolle, in der Rathauschef Bernd Hornikel erbarmungslos durchs verwaltungsinterne Hamsterrad getrieben wird. Gehetzt von einem Termin zum nächsten eilend wird er von Mitarbeitern mit Klärungsbedarf sogar noch auf dem Weg zur Toilette aufgehalten, der Kaffee ergießt sich in der Hektik über den Schreibtisch. Und wenn der Computer wieder mal mit Technik-Problemen zickt, klopft der OB ebenso hilflos wie energisch gegen den Monitor.
Die mit viel Selbstironie auf Video gebannte Sequenz, laut Rathauschef Bernd Hornikel an einem ruhigen Freitagvormittag „in einer starken Stunde“ abgedreht, stieß in Schorndorfs Lokalpolitik nicht bei allen auf Wohlgefallen. Lars Haise, so etwas wie der Intimfeind des Schorndorfer Oberbürgermeisters und für die AfD mittlerweile in den Bundestag gewählt, gefiel sich nach der Veröffentlichung in der Rolle der Spaßbremse. Das Social-Media-Filmchen nannte Haise eine oberbürgermeisterliche Selbstinszenierung auf Kosten des Steuerzahlers.
Kritik und Lob: Schorndorfs TikTok-Video polarisiert
„Nach der verheerenden Hochwasser-Katastrophe sollte man meinen, dass die Stadtoberen Besseres zu tun haben sollten, als an Peinlichkeit kaum zu übertreffende Tiktok-Videos zu erstellen“, kündigte er eine Diskussion übers Budget für die städtische Öffentlichkeitsarbeit an. Mit der humorbefreiten Kritik stand der AfD-Mann in der Lokalpolitik aber ziemlich alleine da. Ratskollege Tim Schopf beispielsweise, Fraktionschef bei der Schorndorfer SPD, brach ob der städtischen Charmeoffensive geradezu in Jubel aus. „Politik lebt von der Transparenz – deshalb ist es für eine Stadt extrem wichtig, die Bevölkerung über alle Kanäle zu erreichen“, gab er zu Protokoll. Auch CDU-Boss Hermann Beutel lobte den Versuch, die Aufgaben einer Stadtverwaltung zur Abwechslung mal nicht in einem bierernsten Erklärvideo zu verpacken: „Ich finde das Video ganz nett – auch wenn ich es nicht so gedreht hätte“, sagte er. OB Bernd Hornikel selbst sieht die Kritik gelassen. „Es ist ja kein Geheimnis, dass der Herr Haise und ich in diesem Leben keine Freunde mehr werden“, sagte er – und verweist mit durchaus hörbarem Stolz auf die mehr als 25 000 Klicks, die das Tiktok-Video schon kurz nach Veröffentlichung vorweisen konnte.
Auch aus der Bürgerschaft und Verwaltung habe er sehr positive Resonanz erhalten. „Unsere 40 Auszubildenden haben das Video gefeiert, und meine bessere Hälfte hat Tränen gelacht“, berichtete der Rathauschef heiter. Einen schleichenden Verlust an Respekt fürchtete Hornikel nicht. „Es geht ja nicht darum, mich zum Verwaltungsclown zu machen – sondern uns mit einem Augenzwinkern als sympathische Stadt und als moderner Arbeitgeber darzustellen“, sagte der OB.