Wie geht Deutschland mit ihm um? Chinas starker Mann Xi Jinping Foto: AFP/Michail Tereschtschenko

Deutschland muss auf die neue Stärke Chinas reagieren. Doch die Bundesregierung ist sich uneins, wie die Haltung gegenüber Peking aussehen soll.

Der Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Moskau und vor allem der chinesische Friedensplan für den Ukraine-Krieg zeigen ganz deutlich: China gibt sich auch auf dem diplomatischen Parkett nicht mehr mit der Rolle des Zuschauers zufrieden. Unter Xis Führung will das Land auch weltpolitisch einen Part übernehmen, der seiner wirtschaftlichen Macht entspricht. Das schafft Spannungen. Der sich verschärfende Streit um Taiwan ist ein Aspekt dieser Entwicklung. Der Abschuss eines chinesischen Spionageballons über den USA zeigt, mit welchen harten Bandagen gespielt wird. Und auch Chinas mögliche Vermittlerrolle in der Ukraine zeigt den neuen chinesischen Anspruch.

Der Westen – und auch Deutschland- muss darauf reagieren. Aber eine lang angekündigte China-Strategie der Bundesregierung lässt auf sich warten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema.

Was steht im Koalitionsvertrag?

„Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten“, lautet der zentrale Satz in dem Dokument zu China. Und damit ist bereits umrissen, was das Thema so kompliziert macht. Denn einerseits ist China ein wichtiger Handelspartner, doch beim Besuch von Staats- und Parteichef Xi Jinping in Moskau sieht man eben auch, dass man geostrategisch auf zwei unterschiedlichen Seiten steht. Um zwischen all diesen widerstreitenden Interessen sicher navigieren zu können, will die Bundesregierung eine „umfassende China-Strategie“ erarbeiten.

Woran hakt es innerhalb der Bundesregierung bei der China-Strategie?

In den vergangenen Monaten ist klar geworden, dass Kanzleramt und Außenministerium, wie auch SPD und Grüne insgesamt, in der China-Politik sehr verschieden ticken. In der grünen Tradition wertegebundener Außenpolitik dringt Annalena Baerbock auf mehr ökonomische Unabhängigkeit und deutliche politische Distanzierung gegenüber Peking. Bei der SPD achtet man stärker auf die wirtschaftlichen Interessen. Offen zutage trat der Konflikt mit dem Kanzler, als das Kabinett gegen das Veto des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck im vergangenen Jahr den Einstieg des chinesischen Unternehmens Cosco an einem Terminal des Hamburger Hafens genehmigte.

Wie groß ist Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China?

Deutschland war wirtschaftlich noch nie so abhängig von China wie heute, heißt es in einer Studie des IW Köln. Die meisten Einfuhren kamen 2022 aus China, sie hatten einen Wert von 191,3 Milliarden Euro. China ist auch ein wichtiger Absatzmarkt. Mehr als jedes dritte Auto von Mercedes, VW und BMW wurde im dritten Quartal 2022 in China verkauft. Auch deutsche Zukunftsprojekte kommen ohne China nicht voran. Ein Großteil der Windräder und Solarzellen werden in China hergestellt. Die für Mikrochips und Batteriezellen benötigten seltenen Erden importiert Deutschland zu zwei Dritteln aus China.

Welche außenpolitischen Gründe verzögern die Erarbeitung der China-Strategie?

Dass die Strategie auf sich warten lässt, hat auch mit der politischen Großwetterlage zu tun. Bundeskanzler Olaf Scholz setzt auf enge Absprachen mit den USA, aber auch auf eine Verzahnung der EU-Politik. Dieser Prozess braucht Zeit. Vor allem aber bremst der Ukraine-Krieg. Es ist durchaus möglich, dass China als Vermittler noch eine wichtige Rolle spielen kann. Einerseits würde eine konstruktive Rolle Chinas sicher Auswirkungen auf die künftige deutsche und europäische China-Politik haben. Andererseits hat der Westen kein Interesse daran, durch einen öffentlich proklamierten Kurs härterer Abgrenzung gegenüber Peking im Vorfeld kommende Ukraine-Gespräche zu erschweren.