Annalena Baerbock trifft bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau auf ihren Amtskollegen Sergej Lawrow. Foto: dpa/Maxim Shemetov

Annalena Baerbocks Antrittsbesuch in Russland bringt die engen Grenzen deutscher Außenpolitik auf den Punkt. Wer dafür Verantwortung trägt, schreibt StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart - Selten sah die Außenpolitik der Bundesrepublik dermaßen hilflos aus. In Moskau ein kleiner Mix aus Gesprächsangeboten und der in ihrer Substanz vagen Drohung mit Sanktionen, falls Russland seine militärische Daueraggression gegen die Nachbarin Ukraine ausweiten sollte. In Kiew ein kleiner Mix aus warmen Worten und Ablehnung ukrainischer Wünsche nach deutschen Waffen.

Schwäche zur Haltung verklärt

Billig wäre es, diese Schwäche an Außenministerin Annalena Baerbock festzumachen. Die deutsche Hilflosigkeit zur „Haltung“ zu verklären, mag geschmacklos von ihr gewesen sein. Aber letztlich hat Baerbock auf den Punkt gebracht, was Sache ist: Die Nato lässt sich von Russland nicht erpressen und hält am Prinzip freier Bündniswahl freier Staaten fest. Der Ukraine wirklich helfen wird sie aber nicht. Kann es nicht, will es nicht. Und eine Außenpolitik, die so gern die Welt belehrt und in Moral-Kategorien redet, solange damit keine größeren Nachteile verbunden sind, entspricht in Deutschland der Mehrheitsmeinung.

Ein Feld der Macht und Machbarkeit

Nichts davon hat Baerbock zu verantworten. Sie hat sich früher schon klar positioniert gegen Russlands Anmaßung, die Souveränität schwächerer Staaten zu missachten und Grenzen in Europa zu verschieben. Aber ihre Antrittsbesuche in Kiew und Moskau zeigen, wie eng die Spielräume sind für die von Baerbock angekündigte Werteoffensive. Auf einem Feld, das der Logik von Interessen, Macht und Machbarkeit unterliegt.