31 Jahre hat Wolfgang Erk die Zeitschrift „Das Plateau“ herausgegeben Foto: Franziska Kraufmann

Ausschließlich literarische und künstlerische Originalbeiträge sicherten der Zeitschrift „Das Plateau“ eine Sonderstellung. Und doch ist nach 182 Ausgaben Schluss. „Man muss auch realistisch sein“, sagt Herausgeber Wolfgang Erk.

Stuttgart - Wie macht man das? Mit einem immer erst zu erwirtschaftenden Etat sechsmal im Jahr ein gedrucktes Forum für literarische, philosophische und künstlerische Originalbeiträge zu schaffen? Wolfgang Erk hat die Frage oft gehört – und durchaus auch immer wieder gerne beantwortet. „Mit Zuversicht“ wäre die kürzeste Zusammenfassung.

Jedes Heft ein Künstlerbuch

31 Jahre ist der immerwährende Drahtseilakt gut gegangen, 31 Jahre waren es Künstlerinnen und Künstler wie Magdalena Jetelova, Günther Förg, Günther Uecker, Walter Stöhrer oder schon zum Auftakt 1989 Emil Schumacher, die mit ihren eigens für die „Plateau“-Ausgaben geschaffenen Beiträgen und Editionen jedes Heft zu einem Künstlerbuch werden ließen.

40 Prozenz Umsatzeinbruch

Und „natürlich“, sagt Wolfgang Erk, hätte er „sehr gerne bis zur laufenden Nummer 200 weitergemacht“. 2023 wäre es so weit gewesen. Die Vernunft aber sprach dagegen. Um 40 Prozent brachen die Umsätze des Radius-Verlags 2020 gegenüber 2019 ein – „in manchen Monaten waren es 70 Prozent“, sagt Erk. Das lässt ein ausgleichendes Aufholen erkennen. „Wenn man ehrlich ist“, sagt Erk, „reicht das aber nicht“.

Ende mit Heft 182

Und so endet die „Plateau“-Geschichte mit dem im Dezember 2020 erschienen Heft 182. Siegfried Gohr hatte die Kolumne zum Thema „Beethoven. Oder ,Was ist Größe?’“ geschrieben, Christoph Klimke sich im Essay den Text „Die Heiligen auf den Kopf stellen. Eine Annäherung an Joseph Beuys’ Utopia“ vorgenommen und zudem in der Rubrik Hommage den Gedichtzyklus „Requiem für Joseph Beuys beigesteuert. Neu zu entdecken waren im Feld Andruck Gedichte von Martin Blum. Und wie selbstverständlich verklammerten, begleiteten, verstärkten und erweiterten 13 Aquarelle der Malerin Herta Müller die textliche „Plateau“-Gedankenwelt. Ihr Titel: „Odina 2020“.

Moment der Ruhe

77 ist der studierte Theologe Wolfgang Erk jetzt – „und zum 80. das 200. ,Plateau’ – das wäre schon schön gewesen“, sagt er. Nun gibt es für ihn 2023 ein Geschenk weniger.

Denn dies war „Das Plateau“ ja: ein Geschenk. Ein Moment der Ruhe im Zeitstrom. Von eigener Tiefe. Zu ruhig? Zu tief? „Nein“, antwortet Wolfgang Erk, „das würde ich nicht sagen“. Aber es habe sich doch vieles geändert in den vergangenen 31 Jahren – bis hin zum Interesse, „einer bestimmten Sache entlang widerstreitend neue Gedankenlinien zu entwickeln“. Als Kritik will Erk dies nicht sehen.

Echte Typen fehlen

Aber doch spürt man: Diesem Wolfgang Erk, der sein Gegenüber gerne kommen lässt, dessen Gegenrede fordert – um sie dann mit lächelndem Tonfall zum Einsturz zu bringen –, fehlen in der Gegenwart nicht nur auf den Bischofsstühlen buchstäbliche Figuren.

Manches Herz trägt Trauer

Die Vernunft hat Erk das Denkerforum „Das Plateau“ schließen lassen. Manches Herz trägt Trauer. Wolfgang Erk hält dagegen: „Wir haben noch viel vor.“ Das glaubt man gerne und erinnert sich doch nur zu gerne an zwei Hefte der jüngeren „Plateau“-Geschichte: Nummer 173 mit Arbeiten des Stuttgarters Gert Wiedmaier und Nummer 178 von April 2020 mit Bernd Koberlings Zyklus „Sonnengestein“.