Der Tequila Bar Club, mit 1250 Quadratmetern einer der größten Clubs in Stuttgart, ist am Ende. „Es lohnt sich nicht mehr“, klagt der Chef Niko Papanikos. Steigende Kosten, immer weniger Gäste – die Nachtgastronomie steht unter Druck.
Perkins-Park-Chef Michael Presinger, der Vizepräsident im Dehoga-Bundesverband Deutscher Discotheken und Tanzbetriebe (BDT), hört das Wort Clubsterben nicht gern. „Bei diesem Wort denkt man, dass die Clubs krank waren und deshalb nun sterben“, sagt er. Doch krank seien in vielen Fällen nicht die Betriebe, sie scheiterten vielmehr an den Umständen, denen sie ausgesetzt seien.
Die Branche klagt über steigende Kosten für Energie, Mieten, Personal und Getränke. Gleichzeitig spreche allein schon die Alterspyramide gegen die Clubs, so Presinger: Es gibt immer weniger junge Leute, die, wenn sie ausgehen, immer mehr sparen müssten.
„Auf Dauer kann ich nicht drauflegen“
„Ein pulsierendes, faszinierendes Nachtleben gehört zum Flair und zu den Attraktionen einer Stadt“, sagt Presinger. Nie zuvor habe die Club- und Discotheken-Branche, die sich von der Corona-Krise immer noch nicht erholt habe, mit so vielen Problemen zu kämpfen gehabt, beklagt der Dehoga-Vertreter. Aus dem Stuttgarter Partyleben wird nun ein Opfer an ganz zentraler Stelle der Stadt gemeldet: Der Tequila Bar Club im Keller des Marquardt-Gebäudes ist seit einigen Tagen für immer geschlossen.
Betreiber Niko Papanikos, der in Stuttgart mit seiner inzwischen abgerissenen Fritty-Bar bekannt geworden ist, hätte an der König-/Ecke Bolzstraße gern weitergemacht. Doch auf Dauer drauflegen kann er nicht. Mit Nebenräumen kam der Tequila-Treff, der als Club angemeldet war und sich an eine Zielgruppe im Alter von 18 bis 45 Jahren gerichtet hat, auf 1250 Quadratmetern – damit war er etwa so groß wie der Perkins Park auf dem Killesberg.
Nach fünf Jahren im Marquardt-Keller zieht der griechische Gastronom nun die Notbremse. Zum großen Bedauern der Stammgäste hat er zugemacht. „Obwohl wir keinen Eintritt verlangt haben, sind immer weniger Besucherinnen und Besucher gekommen, die dazu immer weniger konsumiert haben, also sparen müssen“, bedauert Papanikos. Die Arbeit bei steigenden Kosten für Energie, Personal, Getränke, Gema und gleichzeitig rückläufigen Umsatzzahlen habe sich nicht mehr gelohnt und ihm auch keinen Spaß mehr gemacht. „Das zehrt an den Nerven“, sagt er.
Laut der nachtökonomischen Studie für Stuttgart, die 2023 die städtische Wirtschaftsförderung veröffentlich hat, sehen 50 Prozent der Stuttgarter Bars und Clubs ihre Existenz bedroht.
Vor Papanikos hat der 2022 verstorbene Gastronom Matthias Grohe mit seinem Sohn Lorenz Grohe die Kellerräume an der Königstraße bespielt. Ihr Club hieß Marquardts, davor Village. Die Grohes eröffneten dann das Malo beim Rathaus und zogen sich aus der Königstraße zurück. Niko Papanikos übernahm 2020 den großen Keller und machte daraus einen Tequila-Club mit günstigen Preisen. Ob er nach dem Abschied aus dem Marquardt und dem Abriss der Fritty-Bar in der Gastronomie weitermacht, ist ihm noch nicht klar. „Die Zeiten in dieser Branche sind nicht gut“, bedauert Papanikos.
„Immer weniger Frauen wollen nachts auf die Königstraße“
Ein Insider sagt, die Lage sei mit ein Grund, warum der Tequila Bar Club nicht mehr funktioniert habe. „Viele junge Frauen wollen nachts nichts mehr auf die Königstraße“, berichtet er, „wenn immer weniger Mädels in den dortigen Club kommen, kommen auch die Jungs nicht mehr.“
Noch gibt es keine Nachfolge für den nun geschlossenen Club von Niko Papanikos, heißt es beim Centermanagement des Marquardt-Gebäudes. „Der Standort ist schwierig“, sagt eine Sprecherin der Hauseigentümer, „es gab Probleme mit der Lautstärke, weil sich direkt darüber unsere Kinos befinden.“ Man werde nun in Ruhe nach neuen Pächtern suchen: „Doch nicht jedes Konzept passt da rein.“
Als Dehoga-Sprecher für Nachtgastronomie fordert Michael Presinger „gleiches Recht für alle“. Zunehmend zur Konkurrenz von Clubs seien Bars geworden, die ganz Ähnliches anböten, dies aber unter deutlich besseren Bedingungen tun könnten. Bei Bars verlangten die Behörden nicht so hohe Auflagen wie bei Clubs, weshalb man diese kostengünstiger betreiben könne. Auch die Erhöhung des Mindestlöhne wirkt sich auf die Branche aus, sagt der Vize-Präsident des Deutschen Bundes der Discotheken und Tanzbetriebe: „Bei uns fallen ja immer auch noch Nacht- und Feiertagszuschläge an – das summiert sich dann.“ Wobei klar sein müsse: Gute Arbeit müsse gut bezahlt werden.
Der Dehoga-Sprecher sieht trotz aller Probleme optimistisch in die Zukunft
Michael Presinger will trotz aller negativen Berichte nicht schwarzmalen. „Mit kreativen Ideen, interessanten Programmen, guter Musik und einer ansprechenden Atmosphäre ziehen viele Betreiber ihre jeweilig definierte Zielgruppe in die Diskotheken und Clubs“, sagt er. Wer gesellschaftliche Trends frühzeitig erkenne und aufgreife, wer sein Konzept an die veränderten Marktgegebenheiten anpasse und sein Angebot entsprechend ausrichte, werde „nach wie vor“ erfolgreich sein. Seine Beobachtung: „Menschen aller Altersgruppen haben das Verlangen auszugehen und merken zunehmend, dass der zwischenmenschliche Kontakt unersetzbar ist.“
Der Gründer des Perkins Park, der beim Start der „Nobeldisco“, wie man sie damals nannte, im Jahr 1980 dabei war und die guten Jahre erlebt hat, sagt eine „Rückbesinnung“ voraus. Die Lust am analogen Ausgehen und am Erlebnis mit anderen, so Presinger, sei auf Dauer größer als der digitale Spaß auf Internetportalen.