Für Jörge Becker (links) und Christof Skupin Foto: Sebastian Steegmüller

Trompeter des SWR Symphonieorchesters spielen für Ärzte, Pfleger und Patienten

Bad Cannstatt - Es ist fünf vor zwölf, als im Krankenhaus Bad Cannstatt zahlreiche Krankenpfleger und Ärzte – immer mit gebührendem Abstand – am Donnerstag auf der Wiese vor dem Haupteingang Platz nehmen. Glücklicherweise ist bei herrlichem Frühlingswetter nicht von den Zuständen in den OP-Sälen, sondern lediglich von der Uhrzeit die Rede. Es hat sich herumgesprochen, dass zwei Trompeter des SWR-Symphonieorchesters ihnen gleich ein Ständchen spielen werden. Auch Patienten haben ihre von der Sonne beschienen Rollos hochgefahren und warten am Fenster gespannt auf das kleine Konzert. Selbst auf der Intensivstation für Covid-19-Patienten werden die Musiker noch zu hören sein.

Premiere am Prießnitzweg

„Wir improvisieren, spielen Stücke von Barock bis Ragtime“, so Jörge Becker, der gemeinsam mit Christof Skupin bereits am Katharinenhospital aufgetreten ist. Am Standort im Prießnitzweg ist es jedoch eine Premiere, dass Musiker vorbeischauen. „Mit der Aktion drücken wir unsere Unterstützung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikum Stuttgart aus“, sagt Jasmin Bachmann, die beim SWR-Symphonieorchester für die Musikvermittlung zuständig ist und solche Auftritte organisiert.

Insgesamt habe man bereits mehr als 30 solcher Ständchen gespielt. Vor der St. Anna-Klinik beispielsweise, zweimal die Woche sei man in der Regel vor dem Anna-Haag-Mehrgenerationenhaus zu Gast. „Gerade in Altersheimen fällt den Leuten die Decke auf den Kopf. Aber auch in Krankenhäusern, in denen derzeit kein Besuch erlaubt ist, kann ein bisschen Ablenkung nicht schaden.“ Und für die Ärzte und Pfleger seien die Konzerte eine Möglichkeit, um kurz durch zu schnaufen.

Musik zu Menschen bringen

Grundsätzlich sei die Idee nicht neu, so Bachmann. „Wir haben schon seit Jahren in Baden-Württemberg die Musik zu Menschen gebracht, die eben keinen Konzertsaal mehr besuchen können.“ Das habe Auftritte in Pflegeheime umfasst, aber auch bei Bürgern, die auf dem Land wohnen und nicht mehr so mobil sind. „Die Corona-Krise stellt eine ganz neue Herausforderung dar. Unser Projekt steht und fällt mit dem Wetter.“ Außerdem würden die 40 festangestellten Orchestermusiker nur noch paarweise auftreten, um den Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirusgerecht zu werden. „Derzeit können wir leider keine normalen Konzerte geben. Mit unseren Auftritten an Kliniken und sozialen Einrichtungen hoffen wir aber, Menschen in ihrem täglichen Kampf gegen die Corona-Pandemie ein wenig Kraft schenken zu können“, sagt Bachmann.

Dank von OB Fritz Kuhn

Den Kontakt zwischen dem SWR-Symphonieorchester und dem Klinikum Stuttgart hat Radoslaw Pallarz vermittelt, der sonst Konzerte für Kinder im Olgahospital, Deutschlands größter Kinderklinik, organisiert. Als Jan Steffen Jürgensen, Medizinischer Vorstand im Klinikum Stuttgart, von möglichen Ständchen an den einzelnen Standorten erfuhr, musste er nicht lange nachdenken, um das Angebot anzunehmen. Er freut sich über die Wertschätzung, die das Klinikum und insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfahren. „Hier leisten gerade viele Menschen großartige Arbeit unter schwierigen Umständen – im Klinikum Stuttgart und in der ganzen Stadt“, so der Professor. „Das Konzert ist ein tolles Zeichen von Unterstützung, Solidarität und Zusammenhalt.“

Anerkennung erhalten die SWR-Musiker auch aus der Rathausspitze. Oberbürgermeister Fritz Kuhndankte ihnen stellvertretend für alle, die in der jetzigen Krisensituation anderen Mut machen. „Ich finde es toll, dass sich so viele freiwillig in allen möglichen Bereichen einbringen, um anderen Menschen Gutes zu tun. Kleine Glücksmomente in schwierigen Zeiten sind unersetzbar. Es ist schön, dass die Musiker für solche Glücksmomente sorgen.“