Zwei Ex-Schalker in München: Leon Goretzka (li) und Leroy Sané Foto: dpa/Tobias Hase

Beim Auftaktspiel der Bundesliga an diesem Freitag ist der FC Bayern München stark königsblau angefärbt – die vier ehemaligen Jugendspieler oder Jungprofis des FC Schalke sind auch ein Sinnbild der aktuellen Misere des Revierclubs.

Stuttgart - Die Schalker Achse steht. Hinten im Tor fängt Manuel Neuer die Bälle, die Leon Goretzka im Mittelfeld verteilt – und vorne womöglich dem Außenstürmer Leroy Sané in den Lauf spielt. So könnte das aussehen an diesem Freitag beim Auftaktspiel der Fußball-Bundesliga. Dumm nur aus Sicht des FC Schalke, dass die Schalker Achse inzwischen beim Gegner spielt.

Der FC Bayern also empfängt die Königsblauen – und ist trotz seiner traditionell roten Trikots selbst königsblau angefärbt. Das Trio Neuer/Goretzka/Sané ist nach der Verpflichtung des Außenstürmers im Sommer eines des FC Bayern. Und steht sinnbildlich für die Fülle an einst jungen Top-Jugendspielern (oder im Falle von Goretzka eines jungen Top-Profis), die früher in Gelsenkirchen am Ball waren. Und nun nicht mehr da sind – obwohl sie der Club aus dem Stadtteil Schalke mehr denn je brauchen könnte.

Die Neuers und Sanés stehen also auch irgendwie für die trostlose Gegenwart der Knappen, für die es an diesem Freitag von 20.30 Uhr an (live im ZDF) wohl nur ein Ziel geben kann: bloß kein Debakel erleiden beim Champions-League-Sieger.

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Wie schlimm es aktuell um den FC Schalke steht, verdeutlichten kürzlich ein paar Aussagen von Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der Mitleid zeigte mit dem ersten Gegner der Saison – was in der Welt des Sports oft ein klares Zeichen dafür ist, dass beim Bedauerten gerade vieles, wenn nicht alles schief läuft.

„Der FC Schalke hätte in der Zwischenzeit wahrscheinlich deutscher Meister werden können, wenn sie diese und viele weitere Spieler, die sie in ihrer Nachwuchsabteilung erstklassig ausgebildet haben, hätten halten können“, sagte Rummenigge kürzlich – und meinte damit nicht nur Manuel Neuer oder Leroy Sané. Sondern auch andere hochveranlagte ehemalige Schalker Jugendspieler, die längst woanders kicken. Thilo Kehrer, Julian Draxler und Sead Kolasinac etwa. Oder auch Mesut Özil oder Joel Matip.

Ein bisschen zynisch

Rummenigge lobte die Ausbildungsarbeit der Königsblauen in den höchsten Tönen: „Der Fundus der Schalker Nachwuchsarbeit ist einer der besten in ganz Deutschland“, sagte er: „Sie haben immer wieder sehr hoffnungsvolle Spieler verkauft, wie etwa Leroy Sané 2016 zu Manchester City, um ihren Finanzbedarf zu decken.“ Da die Bayern neben Neuer, Goretzka und Sané mit dem Keeper Alexander Nübel in der neuen Runde auch noch den vierten Ex-Schalker in ihren Reihen haben, muteten Rummenigges Mitleids-Aussagen zumindest auch ein bisschen zynisch an, aber das nur am Rande.

Fakt ist: All die Ex-Jugendspieler, die nicht mehr da sind, stehen nicht nur für einen sportlichen Aderlass. Sie taugen teils auch als Sinnbilder für die enormen finanziellen Probleme, die der Club nicht erst seit der Corona-Krise hat. Denn die Schalker Finanznot wirkt umso bedenklicher, wenn man auflistet, wen man da in den vergangenen Jahren für wie viel Geld verkauft hat.

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Im Jahr 2011 etwa ging Manuel Neuer für 30 Millionen Euro nach München, 2015 wechselte Julian Draxler für 43 Millionen zum VfL Wolfsburg, 2016 dann Leroy Sané für 52 Millionen zu Manchester City. Es folgte 2018 Thilo Kehrer (für 37 Millionen zu Paris Saint-Germain) – und 2019 dann wechselte Stürmer Breel Embolo noch für elf Millionen zu Borussia Mönchengladbach.

Wo also sind sie jetzt nur gelandet beim FC Schalke mit ihren satten Ablösesummen der vergangenen Jahre? An diesem Freitag beim FC Bayern dürfen in Ralf Fährmann, Sebastian Rudy, Nabil Bentaleb und Mark Uth wahrscheinlich Profis auflaufen, die allesamt schon mal ausgemustert waren. Trainer David Wagner geht mit der Hypothek von 16 sieglosen Spielen aus der Rückserie 2019/20 in die neue Spielzeit. Die Flaute im Sturm sollen der Schnäppchen-Zugang Vedad Ibisevic (Hertha BSC), der sein geringes Grundgehalt für einen guten Zweck spendet, und der am Dienstag verpflichtete Goncalo Paciencia (Eintracht Frankfurt) beheben.

Die Bürgschaft

Die Finanznot lässt den Schalkern kaum Spielraum bei möglichen Neuverpflichtungen. Knapp 200 Millionen Euro betrugen Anfang des Jahres die Verbindlichkeiten. Eine Bürgschaft des Landes NRW hat dem lange nur auf Pump lebenden und in der Corona-Krise von der Pleite bedrohten Club dem Vernehmen nach rund 40 Millionen Euro eingebracht.

Nur kurz zur Orientierung: Knapp 124 Millionen Euro hat der FC Schalke im Kalenderjahr 2019 an seine Angestellten an Gehältern ausbezahlt, den Großteil davon an die Profis. Dumm nur, dass diese zuletzt zweimal den Einzug in einen Europapokal-Wettbewerb verpasst haben. Ausgaben und Einnahmen standen schon lange in keinem angemessenen Verhältnis mehr. Die einst hohen Transfereinnahmen für selbst ausgebildete Jugendspieler wie Manuel Neuer und Kollegen, sie sind offenbar längst verbrannt.