Nach dem Übergriff in einem Schorndorfer Asylheim laufen die Ermittlungen. Selbst nach einem Schuldspruch wäre eine Abschiebung des mutmaßlichen Täters unwahrscheinlich.
Die Situation ist wohl ein Albtraum jedes Elternteils: Das eigene Kind ruft um Hilfe, weil ein Fremder es sexuell missbraucht. So geschehen in Schorndorf, wo am vergangenen Freitag ein Bewohner einer Sammelunterkunft für Asylbewerber seinem Sohn im Grundschulalter zur Hilfe eilen musste.
Der mutmaßliche Peiniger, ein 33-jähriger Bewohner der Unterkunft, war bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorbestraft. Und auch wenn dies für den betroffenen Jungen wohl kein Trost ist: Immerhin scheint der Übergriff am vergangenen Freitag der erste und letzte gewesen zu sein. „Uns ist zumindest kein weiterer derartiger Fall bekannt“, sagt ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Offenbar handelte es sich also um eine zufällige Begegnung des Kindes mit dem mutmaßlichen Täter auf der Gemeinschaftstoilette der Einrichtung. Dieser sitze derzeit in Untersuchungshaft, die Ermittlungen würden laufen. Wege der Sprachbarriere gestalteten die sich allerdings nicht ganz einfach: „Alles muss ja über Dolmetscher geschehen.“ Unter anderem muss derzeit geklärt werden, ob sich das Kind und der mutmaßliche Sexualtäter vorher gekannt haben.
Die Meldung über den Missbrauch hat in den sozialen Netzwerken hohe Wellen geschlagen. Einige Nutzer ergingen sich in Gewaltfantasien darüber, welche Strafe sie für den mutmaßlichen Sextäter angemessen fänden. Und auch wenn es zwischen den Taten keinen Zusammenhang gibt, brachten viele Facebook-Nutzer den Missbrauchsfall in Schorndorf mit der Messerattacke auf zwei Jugendliche in Illerkirchberg bei Ulm in Verbindung. Dort hatte am Montag ein Asylbewerber zwei Jugendliche mit einem Messer angegriffen, ein Opfer starb an seinen schwersten Verletzungen.
Eine in den sozialen Netzwerken immer wieder aufkommende Forderung war die nach einer sofortigen Abschiebung des 33-Jährigen. Selbst wenn der Mann von einem Gericht für schuldig befunden werden sollte, ist eine Ausweisung des Mannes jedoch nicht selbstverständlich. Der Asylbewerber ist ethnischer Palästinenser, sein rechtlicher Status ist jedoch der eines Staatenlosen, was darauf hinweist, dass er aus den palästinensischen Autonomiegebieten stammen könnte. Staaten sind nur verpflichtet, eigene Staatsbürger nach einer Abschiebung zurückzunehmen – weswegen eine Abschiebung von Staatenlosen in der Regel nicht möglich ist. Dennoch gab es in Deutschland bereits Gerichtsurteile, die eine Abschiebung auch in die palästinensischen Autonomiegebiete befürworteten.
Der Polizeisprecher warnt indes davor, die Unterbringungssituation in Flüchtlingsunterkünften allein für den Missbrauch verantwortlich zu machen. „Schließlich kommt es leider überall, vor allem im Familien- oder Bekanntenkreis, zu sexuellem Missbrauch. Bauliche Änderungen an den Unterkünften wären kein Schutz.“