Antibiotikaresistente Keime sind eine wachsende Gefahr: Zu der Entwicklung tragen auch Mängel in der Produktion bei. Foto: imago/ via imago-images.de

Die Studie der Südwest-AOK zur Antibiotika-Herstellung macht deutlich: Die EU muss auf die Implementierung von Umweltstandards hinwirken, meint unser Berliner Korrespondent Norbert Wallet.

Man muss der Südwest-AOK hier durchaus dankbar sein. Mit ihrer Studie zu den Bedingungen der Antibiotika-Produktion betritt sie Neuland. Die Kontrollen an Standorten vor allem in Indien, demnächst auch in China, werfen einen Lichtstrahl auf die bislang dunkle Seite der Antibiotika-Herstellung. Zwar sind die fertigen Arzneimittel von nicht zu beanstandender Qualität, aber die bei der Produktion anfallenden Abwässer sind oft erheblich mit Wirkstoffen belastet – was die weitere Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime erheblich begünstigt.

Boni gegen Kontrollen – das war der Deal

Möglich geworden sind diese Erkenntnisse durch Anreize bei der Vertragsgestaltung: Boni gegen Kontrollen. Das war der Deal. Nur haben die Kassen erstens nur sehr begrenzte Spielräume, und zweitens ist der Einfluss einer deutschen Kasse, auch wenn sie hier für 27 Millionen Versicherte verhandelt, auf die Produktionsverhältnisse auf dem globalen Markt äußerst limitiert. Insofern ist die nun vorgelegte Studie wichtig, ihr Effekt aber begrenzt. Das macht die Forderung nach politischer Unterstützung sehr verständlich. Und zwar nicht auf nationaler, sondern auf europäischer Ebene. Deutschland hat einen vierprozentigen Anteil an der weltweiten Arzneimittelversorgung. Der europäische Markt deckt aber immerhin ein Viertel ab. Die EU muss darauf hinwirken, dass Umweltkriterien, das heißt vor allem Obergrenzen für Wirkstoff-Emissionen, ins Arzneimittelrecht und die Vorschriften zur Zulassung und Ausschreibung aufgenommen werden.

Die Illusion der Rückkehr der Produktion nach Europa

Das ist erfolgversprechender als der Illusion nachzuhängen, es lasse sich die Produktion von Indien und China schnell wieder zurück nach Europa holen. Es mag sein, dass ein zu großer Preisdruck auf die Hersteller den Prozess der Verlagerung beschleunigt hat. Aber die Produktion folgt den Absatzmärkten und da ist China konkurrenzlos.