Im Doku-Zweiteiler „Das Uhrwerk des Lebens“ zeigt Arte, wie die Lebensphasen Kindheit und Alter früher aussahen – und wie oft sich das wandelte.
Um die Zumutungen der Gegenwart besser zu bestehen, gibt es ein bewährtes Rezept: Man spricht sich die Aufmunterung zu, früheren Generationen sei es viel schlechter ergangen. Diese griffige Gegenposition zum nostalgischen „Früher-war-alles-besser“-Gemecker der Anpassungsunwilligen klingt umso überzeugender, je mehr man über das Damals lernt. Aber die Menschheitsgeschichte als Marsch auf breiter Front aus tiefster Finsternis ins helle Licht der Gegenwart zu deuten, wäre eine arge Verkürzung. Daran erinnert Arte mit der zweiteiligen Dokumentation „Das Uhrwerk des Lebens“.
Die Geschichte der Kindheit und die Geschichte des Alterns bekommen einen jeweils knapp einstündigen Kurzabriss. So kurz, dass die vollmundige Ankündigung, man müsse von vielen Vorstellungen Abschied nehmen, vieles sei „ganz anders“ gewesen, nicht rundum eingelöst werden kann. Eben weil nicht klar wird, auf welches vermeintliche Wissen über das Leben in der Kindheit und im Alter sich der Film bezieht. Was bei aller Hast und Raffung aber sehr deutlich wird: Extreme Widersprüchlichkeit ist kein Privileg der Moderne.
Kindheit war nicht minderwertig
Das alte Ägypten etwa, in dem Arbeiterheerscharen zu Tode geschunden wurden, um Grabmalkolosse für die Herrscher zu errichten,mag einem als menschenverachtende Gesellschaft erscheinen. Doch die alten Ägypter, schlussfolgern die Historiker aus Funden, waren eher kinderlieb, besorgt um den Nachwuchs – und Kindheit wurde als eigene Lebensphase, nicht nur als minderwertige Vorstufe des Erwachsenseins betrachtet.
Als im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Europa und den USA die Kinder der Bürger behütet aufwuchsen, mit Spielzeug und Schnickschnack, verschmachteten viele Kinder der Armen in Fabriken und Bergwerksgruben. Der christliche Glaube brachte die Caritas hervor, die Fürsorge für die armen Alten in Spitälern, aber auch den Hexenglauben, der besonders hart alte Frauen ohne Familie traf. Dieselbe Gesellschaft erleben verschiedene Gruppen ganz unterschiedlich: Das kann man sich nicht oft genug ins Bewusstsein rufen.
Das Uhrwerk des Lebens. Arte, Sa, 20.15 Uhr