Eine Schlange vor einem Tafelladen – immer mehr Menschen verdienen zu wenig Geld und sind deshalb darauf angewiesen. (Archivbild) Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die aktuelle Inflationsentwicklung hat die Aufmerksamkeit auf die Armut in Deutschland gelenkt. Wie viel Geld braucht man mindestens, um nicht als arm zu gelten? Wir klären auf, wie die Armutsgrenze berechnet wird.

Die aktuelle Inflationsrate zehrt am Einkommen. Und gerade weil auch zahlreiche Produkte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel immer teurer werden, wird die Frage, wer in Deutschland von Armut bedroht oder arm ist, immer akuter. Es gibt unterschiedliche Definitionen. Weit verbreitet ist der Schwellenwert von weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens im Land. Gelegentlich wird aber auch der Schwellenwert von 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens genannt.

Armut ist auch relativ

Denn Armut ist auch relativ. Was in einem Land noch gut zum Leben reichen würde, genügt in einem anderen nicht mehr. Der Nachteil einer solchen Rechengröße ist allerdings, dass dieser Durchschnitt auch dadurch beeinflusst wird, wie viele Reiche es in einem Land gibt – je mehr oder weniger von ihnen, umso mehr rückt auch die Schwelle nach oben oder nach unten, was das tatsächliche Armutsrisiko verzerren kann.

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Die aktuellen Zahlen sind zudem nicht ganz auf dem heutigen Stand, sondern beziehen sich auf eine Messgröße von 2019, weil Einkommen erst mit großen zeitlichen Nachlauf geschätzt werden können. Dafür müssen nämlich etwa auch die Steuererklärungen abgewartet werden.

Neueste Definition ist von 2019

Nimmt man die 60-Prozent-Grenze, dann hat das Statistische Bundesamt für das Jahr 2019 als durchschnittliches Nettoeinkommen für Einzelpersonen einen Betrag von 1074 Euro festgelegt. Liegt man unter dieser Schwelle, gilt man als arm. Zum Vergleich: Wenn man die Armutsgrenze bei 50 Prozent des Durchschnittseinkommens zieht, dann würde man die Schwelle bei 895 Euro definieren.

Als reiche Menschen hingegen gelten in Deutschland jene, die mehr als 3418 Euro netto im Monat verdienen. Paare ohne Kinder gelten bei einem Einkommen von 1.611 Euro oder weniger als arm. Je nach Kinderzahl und deren Alter steigt die Schwelle: Bei Familien mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt sie bei 2255 Euro. Mit zwei Kindern über 14 Jahren liegt sie etwas höher bei 2685 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern über 14 Jahren und einem Kind unter 14 Jahren liegt unterhalb eines Gesamteinkommens von 3007 Euro unter der Armutsgrenze in Deutschland oder gar darunter.

Alleinerziehende besonders betroffen

Hat eine alleinerziehende Person mit einem Kind unter 14 Jahren ein Einkommen von 1396 Euro zur Verfügung, gilt diese Familie als arm. Die Armutsgrenze für Alleinerziehende mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt bei 1718 Euro.

Genau diese Gruppe der Alleinerziehenden hat mit einem Anteil von 41 Prozent ein besonders hohes Armutsrisiko. Danach folgen Menschen mit Hauptschul- und fehlendem Berufsabschluss (35 Prozent) und Personen mit Migrationshintergrund (29 Prozent). Eine weitere Gruppe hatte in den vergangenen Jahren ein höheres Risiko in Armut zu fallen: Der Anteil von armen Rentnern stieg um etwa fünf Prozentpunkte. Hier fallen insbesondere fehlende Ersparnisse ins Gewicht. Ansonsten bleiben Arbeitslosigkeit und Krankheiten die häufigsten Auslöser für den Absturz.