Der Moderator Frank Plasberg hält es für obszön, dass Unionspolitiker mit Maskengeschäften hohe Honorare kassiert haben. Foto: obs/ARD Das Erste

Kann der Erfolg der CDU in Sachsen-Anhalt als Rückenwind für die Union im Bundestagswahlkampf gedeutet werden? Und was braucht es, um die AfD in die Schranken zu weisen? Die ARD-Talkshow „Hart aber fair“ blickt in den deutschen Osten.

Köln - Eine zuverlässige Glaskugel, die ihm die Ergebnisse der Bundestagswahl liefert, wäre eine feine Sache für Frank Plasberg. Weil er die nicht hat, lässt er seine Gäste bei „Hart aber fair“ munter spekulieren, was der haushohe Sieg der CDU in Sachsen-Anhalt für die kommende Bundestagswahl bedeutet. „War das ein Sieg der Partei oder ihres Spitzenkandidaten, des langjährigen Regierungschef Haseloff?“, will der Moderator wissen und hat alle Mühe, Struktur in eine Sendung zu bringen, die immer wieder Schlagseite hat und so einiges kunterbunt zusammenmischt – von der geplanten Verteuerung des Benzins bis zur folgenreichen Maskenaffäre.

Am unkonventionellsten ist da Dirk Neubauer. Einer aus der Politik, der den Bürgern zuhört, so wird er zumindest angepriesen. Der Bürgermeister der sächsischen Kleinstadt Augustusburg mit 4500 Einwohnern startet mit einer ernüchternden Diagnose. „Ein großes Maß an Glaubwürdigkeit ist zerschlagen worden.“ Als Politiker müsse man den Bodenkontakt wieder herstellen, da gehöre viel klare Kommunikation dazu, sagt Neubauer. Es sei wichtig, mehr miteinander zu reden. Die Politik habe die letzte Meile zu den Bürgern verloren.

Die Erfolgsformel sei die Nähe zum Menschen

Mehr Volksnähe, das ist ein Ansatz, der dem CSU-Generalsekretär gerade recht kommt. „Das ist die Erfolgsformel“, bestätigt Markus Blume, man habe den Satz „näher am Menschen“ wieder zum Parteilogo hinzugenommen. „Das ist der Grund, warum wir nach 75 Jahren als CSU immer noch da sind.“ Für Blume ist der Durchmarsch der CDU mit ihren 37,1 Prozent in Sachsen-Anhalt ein wichtiges Signal. „Die Union setzt auf Sieg bei der Bundestagswahl“, schlussfolgert der Münchner. Ein „sehr erfolgreicher“ Ministerpräsident Reiner Haseloff habe bei einer „sehr schwierigen Landtagswahl“ klar gewonnen – und das allen Unkenrufen zum Trotz. Haseloff sei das Bollwerk gegen die Extremen gewesen, einer, auf den sich die Leute verlassen konnten, „er hat das top gemacht“.

Als alles andere als gesetzt, sieht der Journalist Robin Alexander einen anhaltenden Höhenflug der CDU im Herbst. Sachsen-Anhalt sei ein kleines, sehr spezielles Bundesland mit eigenen Befindlichkeiten. Vielen Wählern sei es weder um den Kanzlerkandidaten Armin Laschet noch um Haseloff gegangen, die hätten vielmehr für jenen gestimmt, dem sie es zutrauten, die AfD auf den zweiten Platz zu verdrängen. „Der Anti-AfD-Effekt, den kann im Osten jeder ziehen, aber bei der Bundestagswahl gibt es diese Situation nicht“, stellt der stellvertretende Chefredakteur der „Welt“ fest. „Das wird ein ganz anderes Spiel.“

Der Blogger Sascha Lobo gießt Spott in die Debatte

Eine Portion Zynismus und Spott gießt Sascha Lobo in die Debatte, dafür ist der Blogger mit dem roten Irokesen auch in die Runde gesetzt worden. „Die große Stärke der Union ist der zielgerichtete Selbstbetrug“, die Fähigkeit, sich selbst Dinge einzureden, ätzt Lobo und beschreibt Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten als einen, der eine klare Kante gegenüber der AfD gezeigt habe. „Aber am Ende hat Haseloff das triumphale Ergebnis eher als Nicht-AfD, als als CDU errungen“, analysiert Lobo.

So schlingert die Sendung vor sich hin, nimmt eine Kurve in Richtung Abgehängtheit des ländlichen Raums, fängt an zu Kreiseln bei den ein weiteres Mal aufgewärmten Verfehlungen der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und nimmt erst wieder ein bisschen Schwung auf, als Plasberg auf Angriff schaltet. „Bürgernähe wird heute oft mit Twitter verwechselt“, kritisiert er. In Berlin-Mitte hätten die Politiker einen regen Austausch, „der einer Inzucht gleicht“, und Menschen in Sachsen-Anhalt würden oft nicht verstehen, was etwa die Grünen so alles bewegen.

Für eine bessere Daseinsvorsorge plädiert die Grünen-Politikerin Lang

Das darf die Superschnellsprecherin Ricarda Lang wortreich erklären. Die stellvertretende Bundesvorsitzende ist erst ein wenig zerknirscht, weil die Grünen sich in Sachsen-Anhalt „mehr gewünscht“ hätten. „Das Wahlergebnis ist ein Arbeitsauftrag“, sagt Lang, „wir müssen besser darin werden, ein Thema wie Daseinsvorsorge zu kommunizieren.“

Und dann legt sie erst richtig los, wettert gegen die Stillstandpolitik der Union, man dürfe nicht den Status quo zementieren, „wir müssen Veränderungen gestalten, anstatt sie zu blockieren“, steht für sie fest. „Wir werden Arbeitsplätze verlieren, wenn wir nicht klimaneutral werden“, sagt Lang und muss sich anhören, dass „sich die Grünen in ihr eigenes Bild in den Medien“ verliebt hätten, wie der Journalist Robin Alexander feststellt. Ein Bild, das in kürzester Zeit, einiges an Brillanz eingebüßt hat.