Moderator Frank Plasberg wäre nicht ungern dieser Tage in Israel, wo wieder gefeiert werden darf. Foto: obs/ARD Das Erste

Gute-Laune-Bilder aus dem Land mit der weltweit höchsten Impfquote und Einzelfälle von Geimpften, wo man sich fragt: „Warum die? Warum nicht ich?“ Die ARD-Talkshow „Hart aber fair“ nimmt sich das Thema Priorisierung vor.

Köln - Eine Talkshow übers Impfen, die ziemlich gute Laune macht, das gibt es angesichts des Impfstoffmangels, des Nebenwirkungs-Hickhacks und dem Durcheinander bei der Terminvergabe in Deutschland nicht alle Tage.

„Hart aber fair“ hat es aber trotzdem geschafft hat, und das liegt an den Bildern aus Israel, die eingespielt wurden. Tanzende und knutschende Paare in der Disco, jede Menge Gelassenheit und eine tiefenentspannte Susanne Glass, die Leiterin des ARD-Fernsehstudios in Tel Aviv, die davon erzählt, wie schnell sie ihre Scheu vor Menschen und Umarmungen wieder abgelegt hat. Im Impfen ist Israel ganz vorne dran. In dem Neun-Millionen-Einwohner-Land haben mehr als 62 Prozent der Bevölkerung eine Impfung erhalten, 58 Prozent sind bereits vollständig geimpft.

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Doch Israel kann nicht überall sein. Wo wäre man hingekommen, wenn alle Staats- und Regierungschef so wie Benjamin Nethanjahu den Pfizer-Chef mit Anrufen bombardiert hätten, um sich als Erster den kostbaren Stoff zu sichern. Vermutlich nicht weit.

Plasberg: „Was ist verdammt noch mal alles schief gelaufen?“

„Was ist verdammt noch mal alles schief gelaufen?“, fragt am Montagabend Moderator Frank Plasberg und lässt seine Gäste endlos über Impfreihenfolgen, Impfneid und mutmaßliche Vordrängler diskutieren. Die Debatte auf die Füße stellt die aus Berlin zugeschaltete Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. „Das ist alles dem Umstand geschuldet, dass wir zu wenig Impfstoff haben“, sagt sie nüchtern. Die Pandemiebewältigung bekomme man nur hin, wenn ein großer Teil der Deutschen geimpft sei und sich eine Herdenimmunität einstelle.

So wabert die Sendung mit wenig weiteren Höhepunkten vor sich hin und schnell kommt das Gefühl auf, alles schon mal gehört und beim letzten Mal irgendwann genervt aus- oder wenigstens umgeschaltet zu haben. Das Plädoyer für bitteschön mehr Pragmatismus und die baldige Abschaffung der Priorisierung, also der Reihenfolge, wann wer den Piks bekommt, wie sie etwa die Hausärztin und Leiterin des Impfzentrums Minden-Lübbecke Anke Richter-Scheer fordert. Und gleich darauf die durchaus vernünftige Gegenrede des Immunologen Carsten Watzl, der sagt: „Wir müssen möglichst viele Leben retten und Krankenhausaufenthalte verhindern.“ Deshalb dürfe die Priorisierung keinesfalls zu früh aufgehoben werden.

Die Neid- und Fairnessdebatte kocht hoch

Schließlich lässt Plasberg noch mal mächtig die Neid- und Fairnessdebatte hochkochen mit ein paar Einzelfällen, über die am Stammtisch herzhaft gestritten werden kann. Ist es hinnehmbar, dass eine 24-jährige Studentin, die im Impfzentrum arbeitet, schon gepikst wurde? Der 37-jährige Bruder einer Schwangeren, der aber ziemlich weit weg von ihr wohnt? Die 45-jährige Verwaltungsangestellte eines Krankenhauses, die im Homeoffice arbeitet?

„Jede geimpfte Person ist ein Beitrag zur Herdenimmunität“, sagt versöhnlich die SPD-Politikerin Kalayci. Und der Psychologe Stephan Grünewald erinnert daran, dass es das Ziel sein müsste, 80 Prozent der Deutschen zu impfen. Es aber leider zwei problematische Gruppe in der Bevölkerung gebe: Jene, die sich durch ihre Schutzstrategien wie Masketragen oder Abstandhalten für unverwundbar hielten. Und die Impfskeptiker, die auf unbedingt verhindern wollten, dass etwas Fremdes in sie eindringe, etwas, dass Unberechenbares mit ihnen mache. „Da braucht es eine vernünftige Aufklärung“, appelliert der Psychologe.

Und noch ein Lichtblick: wohin geht es in den Urlaub?

Ein Muss in jeder Talkshow ist der kritische Rückblick – „es war fatales Regierungsversagen“, moniert der FDP- Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel und der Blick nach vorne: „Jetzt darf man umschalten. Man hat Lust, ich wieder zu umarmen“ – auch Johannes Vogel. Und weil am Ende der Sendung, die eigentlich kontrovers sein sollte, es aber so gar nicht war, noch ein bisschen von der guten Israel-Laune versprüht werden soll, darf jeder sagen, wie seine Urlaubspläne aussehen. In die Alpen radeln, nach Mallorca, an die Nordsee. Mal abwarten, ob die Virusmutationen das zulassen.