Eine Grabinschriftenstele eines bestatteten Römers (um 1. Jahrhundert n. Chr.) mit den Buchstaben „F,P,H“ wird auf einer Pressekonferenz der Landesarchäologie am Baufeld für das neue Krebsforschungszentrum der Translationalen Onkologie (Tron) präsentiert. Foto: dpa/Arne Dedert

Künftig soll hier Spitzenforschung betrieben werden, im Untergrund werden Überreste einer vergangenen Hochkultur entdeckt. In Mainz spannt sich ein besonderer Bogen von der Antike bis zur Gegenwart.

Eine Grabstelle und der Torso einer Götterstatue aus Römerzeiten sind die prominentesten Funde auf der Baustelle eines Forschungszentrums in Mainz. Der für die Generaldirektion Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz zuständige Innenminister Michael Ebling und Wissenschaftsminister Clemens Hoch (beide SPD) stellten diese und zahlreiche weitere Entdeckungen aus dem Untergrund der Oberstadt der Öffentlichkeit vor.

Die zahlreichen Fundstücke, von Münzen über Fensterglasbruch bis hin zu Prägestempeln, füllen mittlerweile hunderte Kisten. Abgeschlossen sein sollen die archäologischen Untersuchungen auf dem Gelände, auf dem die gemeinnützige Gesellschaft das neue Krebsforschungszentrum der Translationalen Onkologie (Tron) baut, bis Weihnachten.

Wo heute Bauarbeiter graben, befand sich einst eine zivile römische Siedlung. Auf der Baustelle in unmittelbarer Nähe der Universitätsmedizin Mainz wurden bedeutende archäologische Relikte aus der Römerzeit entdeckt. Foto: dpa/Arne Dedert

Neubau auf ehemaligen Legionärslager

Das Baufeld liege direkt südlich eines einst mit 12 000 Soldaten besetzten römischen Legionslagers, erklärt Ebling. Hier habe sich eine vorgelagerte zivile Siedlung befunden, in der etwa Handwerker gelebt hätten, die für das Lager benötigt wurden. Sowohl auf die aus der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts stammende Grabstele als auch auf die Statue aus Sandstein sei man nur etwa 50 Zentimeter unter der Oberfläche gestoßen.

Auf dem Areal sei im Mittelalter nicht gebaut worden, erläutert Landesarchäologe Ulrich Himmelmann von der GDKE. Die römische Stadt sei größer gewesen als die mittelalterliche. Das erkläre die Entdeckungen in einer so geringen Tiefe.

Der Torso einer Sandsteinstatue aus dem 3. Jahrhundert nach Christus wird auf einer Pressekonferenz der Landesarchäologie am Baufeld für das neue Krebsforschungszentrum der Translationalen Onkologie (TRON) präsentiert. Foto: dpa/Arne Dedert

Stele aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.

Die Grabinschriftenstele, die vermutlich in der Zeit um das erste Jahrhundert entstand, und auf der die Buchstaben F, P und H zu erkennen sind, war den Angaben zufolge in Richtung eines Steingebäudes ausgerichtet. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass sich dort eine Grabkammer mit Gewölbekeller befand. Eine Grabstätte inmitten einer Siedlung sei etwas sehr Außergewöhnliches, erklärte Landesarchäologe Himmelmann.

Die Sandsteinstatue zeigt dem Innenministerium zufolge einen Genius, einen persönlichen Schutzgeist. Erschaffen wurde sie vermutlich in einer obergermanischen Bildhauerwerkstatt. Die Statue weise Parallelen zu der einst in der Mainzer Neustadt gefundenen Statue der römischen Göttin Salus auf, berichtet Ebling. Das nun auf dem Baufeld entdeckte Stück sei von herausragender Bedeutung für die Archäologie.

Ein Archäologe der Landesarchäologie dokumentiert archäologische Funde im Boden des Baufelds. Foto: dpa/Arne Dedert

Antikes Gebäude mit Fußbodenheizung

Entdeckt wurden im Untergrund etwa auch ein Gebäude mit Fußbodenheizung, Steinmauern oder Holzpfähle einer früheren römischen Bebauung, erklärte Himmelmann. Die nahezu 500 Jahre römischer Geschichte lägen hier praktisch übereinander.

Da der Bau von Tron möglichst schnell vorangetrieben werden soll, gehe es den Archäologen – rund 20 sind vor Ort im Einsatz – zunächst darum, Funde zu sichern und abzutransportieren. Danach erfolge die genaue Auswertung, sagte Himmelmann. Schon jetzt lasse sich aber sagen, dass die Funde sehr reichhaltig seien.