Der Bundestag beriet am Freitag in erster Lesung über das Gesetz zum Kohleausstieg. (Symbolbild) Foto: dpa/Patrick Pleul

Spätestens 2038 soll Schluss sein mit der Kohleverstromung in Deutschland. Ein Gesetz sieht einen genauen Fahrplan vor. Vor allem Stadtwerke aber gehen wegen geplanter Regelungen zu Zwangsabschaltungen auf die Barrikaden.

Berlin - Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat den geplanten Kohleausstieg als „historischen Schritt“ hin zu mehr Klimaschutz bezeichnet - an den Plänen der Regierung aber gibt es weiter massive Kritik. Hauptgrund sind geplante Regelungen zur Zwangsabschaltung von Steinkohlekraftwerken ohne Entschädigung. Der Stadtwerkeverbund Trianel kritisierte: „Es kann nicht sein, dass ganz Deutschland den Ausstieg aus der Braunkohle finanziert, während für den Ausstieg aus der Steinkohle die Kommunen zur Kasse gebeten werden.“

Der Bundestag beriet am Freitag in erster Lesung über das Gesetz zum Kohleausstieg. Es sieht einen konkreten Fahrplan für das vorzeitige Abschalten deutscher Kohlekraftwerke vor. Sie sollen bis spätestens 2038 vom Netz gehen. Altmaier sagte im Bundestag, die Bundesregierung halte Wort und setze die Empfehlungen der Kohlekommission um - diese hatte vor mehr als einem Jahr ein Konzept erarbeitet. Der Ausstieg erfolge mit wirtschaftlicher und sozialer Verträglichkeit.

Im Entwurf der Regierung für das Kohleausstiegsgesetz ist vorgesehen, dass Steinkohle-Betreiber sich bis 2026 darauf bewerben können, Kraftwerke gegen Entschädigung abzuschalten. Ziel ist dabei möglichst viel Klimaschutz für möglichst wenig Geld, ohne die Versorgung mit Strom und Wärme zu gefährden. Danach soll per Ordnungsrecht festgelegt werden, wer wann ohne Entschädigung vom Netz geht - dies stößt auf breite Kritik der Betreiber. Vor allem viele Stadtwerke betreiben Kraftwerke.

Stadtwerkeverbund übt massive Kritik

Der Sprecher der Trianel-Geschäftsführung, Sven Becker, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Eigentumsschutz ist eine auch verfassungsmäßig wichtige Säule unserer Gesellschaft. Diese hebelt der Gesetzentwurf aus.“ Der Entwurf verletze den Gleichheitsgrundsatz und gefährde damit den Wettbewerb in der Energiewirtschaft. „Es ist klimapolitisch und volkswirtschaftlich absurd, die modernsten und effizientesten Kraftwerke in Deutschland so zu entwerten. Die Steinkohlekraftwerke der jüngsten Generation sind im Sinne des Klimaschutzes und zur Absicherung der Versorgungssicherheit gebaut worden. Dass ausgerechnet diese Energiewende-Kraftwerke vor dem Totalverlust stehen, ist unvorstellbar.“

Trianel verwies auf die geplanten Milliardenentschädigungen für Betreiber von Braunkohlekraftwerken und forderte eine vergleichbar faire Regelung für junge Steinkohlekraftwerke. Trianel- Aufsichtsratschef Dietmar Spohn, zugleich Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Bochum, sagte: „Wir teilen die Auffassung, dass die Erneuerbaren Energien deutlich ausgebaut werden müssen. Um dieses Ziel erfolgreich erreichen zu können, darf den Stadtwerken, also den Treibern der Energiewende vor Ort, nicht der finanzielle Atem abgeschnitten werden.“

An das Gesetz zum Kohleausstieg gekoppelt ist ein Gesetz, mit dem die Kohleregionen beim Strukturwandel unterstützt werden sollen. Der Bund hatte zugesagt, sie mit insgesamt 40 Milliarden Euro zu unterstützen. Altmaier sagte, die Bundesregierung lasse die Beschäftigten in den Kohleregionen nicht allein.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mahnte schnelle Klarheit über die Milliardenhilfen für die betroffenen Reviere an. Haseloff sagte im Bundestag, noch immer bestehe keine Klarheit darüber, ob Versprechen eingelöst werden. Wichtig sei aber Planungssicherheit, es brauche eine verbindliche Vereinbarung von Bund und Ländern. Der dpa sagte Haseloff, so lange die Bedingungen und die finanzielle Ausgestaltung des Strukturwandels in den Revieren nicht feststünden, könne aus seiner Sicht auch der Kohleausstieg nicht beschlossen werden.