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Alfons Schuhbeck hat mal Fernmeldetechniker gelernt. Aber dann wurde er Koch – und baute sich ein regelrechtes Firmengeflecht auf. Inzwischen hat er Insolvenz angemeldet und landet jetzt ab Oktober vor Gericht. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung.

Vielleicht hätte er in Waging am See bleiben und die Sache mit München bis auf den einen oder anderen Ausflug sein lassen sollen. Vielleicht hätte der bayerische Starkoch Alfons Schuhbeck heute weitaus weniger Probleme und wäre in glücklicherer Verfassung, würde er noch das damals hochgeschätzte Kurhausstüberl im Chiemgau betreiben. Da war er ein nicht mehr sehr geheimer Geheimtipp auf dem Land, den Promis und die kulinarischen Eliten von München und Salzburg gern besuchten. Im Jahr 2002 sperrte Alfons Schuhbeck aber das Kurhausstüberl zu und zog nach München ans Platzl, weltbekannt durch das ebenfalls dort gelegene Hofbräuhaus.

Der Insolvenz folgt ein Strafprozess

Nun hat der 73-Jährige gerade eine Insolvenz hinter und einen Steuerstrafprozess vor sich. Die Staatsanwaltschaft wirft Schuhbeck laut Berichten vor, in seinen Platzl-Restaurants Orlando und Südtiroler Stuben 2,4 Millionen Euro an Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuern hinterzogen zu haben. Das Münchner Landgericht hat die Anklage zugelassen, im Herbst beginnt der Prozess, 18 Verhandlungstage sind bis zum 22. Dezember angesetzt. Laut Mitteilung führt das Gericht das Verfahren unter dem Namen „Ingwer“, dem Lieblingsgewürz des Kochs.

Schon jetzt wird spekuliert, ob Schuhbeck bei einer Verurteilung mit einer Bewährungsstrafe davonkommt oder tatsächlich ins Gefängnis muss. Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldsvermutung. Vor acht Jahren hatte in München der letzte große Steuerprozess gegen einen Prominenten stattgefunden, den damaligen FC-Bayern-Boss Uli Hoeneß. Dieser war von Anfang an geständig, wanderte aber dennoch ins Gefängnis, das er aber schon lange wieder verlassen hat.

Von einem Wirt adoptiert

Über Kindheit und Jugend des am 2. Mai 1949 in Traunstein als Alfons Karg geborenen späteren Kochs weiß man nichts. Er hatte eine Lehre als Fernmeldetechniker begonnen, als er mit seiner Rockband The Scalas im Kurhausstüberl auftrat. Der dortige Wirt, Sebastian Schuhbeck, brachte ihn dazu, auf Koch umzusteigen. Es wurde offenbar eine vertrauensvolle Beziehung, der kinderlose Restaurantbetreiber adoptierte ihn als Sohn, fortan hieß er Alfons Schuhbeck. Nach Ausbildung und Jahren der Wanderschaft zu verschiedenen europäischen Gourmetlokalen übernahm er 1980 das Stüberl am See und überzeugte mit seinem Talent als Koch. Bereits 1983 bekam er einen Michelin-Stern, 1989 ehrte ihn der Gourmetführer „Gault-Millau“ als „Koch des Jahres“. Weitere Auszeichnungen folgten.

Durch seine Auftritte in den Kochshows von Johannes B. Kerner und später Markus Lanz wurde „der Alfons“ einem breiten TV-Publikum bekannt. Probierte er gelungene Gerichte seiner Kolleginnen und Kollegen, so lautete sein Urteil in aller Regel in sonorem Bayerisch: „sauguad“. Sah er noch Verbesserungsbedarf, dann scheute er nicht davor zurück, zu Löffel und Rührbesen, Sahne und Ingwer zu greifen, um die Speisen in seinem Stil aufzupeppen. Was Schuhbeck an seinem Beruf am meisten Spaß macht? „Kreativ zu sein. Im Herzen bin ich Koch, im Kopf Unternehmer.“

Aufstieg zum Koch des FC Bayern München

Über die Jahre wurde der Mann mit dem bleichen Gesicht und den rötlich-blonden Haaren omnipräsent. Er war und ist Dauergast in vielen Fernsehsendungen und wurde zum Koch des FC Bayern bei dessen Auslandsspielen. Am Platzl in München eröffnete er einen Laden nach dem anderen. Neben den Restaurants gibt es dort auch den Schuhbeck-Eissalon und ein Geschäft mit Schuhbeck-Gewürzen, die er für die Basis des guten Kochens ansieht. So wird er auch als „Gewürz-Papst“ tituliert. Auf seiner Homepage bietet er mehr als 150 verschiedene Gewürzmischungen an. Die Welt der Gewürze übt auf den Koch eine besondere Faszination aus: „Der Aromenreichtum an allen Ecken der Erde ist überwältigend. In diesem Universum kann ich noch lange immer wieder etwas Neues entdecken.“ Schuhbeck-Essen in Verbindung mit einer Varieté-Show bietet er im Teatro bei der Messe Riem.

Kochkurse, Bücher, Fertigprodukte

Auf einer kaum zu überblickenden Zahl von Produkten prangen Schuhbecks Name und sein Konterfei: Fertiggerichte und Weißwürste, Müsli und Eierlikör. Sein Unternehmen bietet Kochkurse, 330 Euro für einen Tag, unzählige Bücher hat er verfasst. Schuhbeck-Läden gibt es mittlerweile auch in Regensburg und im Wallfahrtsort Altötting. In Schuhbecks Kochtopf finden sich vor allem bodenständige Zutaten, von neuen Trend-Ernährungsformen will er nichts wissen: „Ich halte nur eine Ernährungsform für sinnvoll: gesund und ausgewogen. Alles andere resultiert aus Geschäftemacherei.“

Wohl auch ein Grund, warum es bei den Schuhbecks privat recht unspektakulär zugeht. „Wenn ich schon daheim bin, was viel zu selten vorkommt, will meine Familie etwas von mir haben und stellt mich nicht in der Küche ab. Statt dass ich dort vor mich hin koche, gehen wir lieber eine Brotzeit machen und ratschen miteinander“, erzählt der Sternekoch.

Schuhbeck folgt stets seiner Leidenschaft und überrascht als Koch gerne mit ungewöhnlichen Gaumenfreuden wie Brezenknödel-Wurstsalat oder Bier-Tiramisu. Bei seinen Gerichten ganz oft mit dabei: Chilisalz und Ingwer. Für eine gewisse Heiterkeit sorgen „Schuhbecks Nudelwasser-Gewürzsalz“ oder sein „Sexgewürz“. Letzteres hielt einer Klage von Wettbewerbshütern stand. Das Gewürz hat zwar keine aphrodisierende Wirkung, darf aber dennoch so bezeichnet werden. Schuhbeck selbst sieht die Bezeichnung als Marken-Gag und schreibt dem Produkt ein „sinnlich-warmes, mild orientalisches Aroma“ zu. Kaum einer hat sich selbst so zur Marke gemacht wie Schuhbeck, der sich für vieles nicht zu schade war und ist.

14 Millionen Euro Schulden

Da wunderte es doch, als er im Sommer 2021 mit seinem verzweigten Unternehmen Insolvenz anmeldete. Die Coronahilfen seien ausgeblieben, klagte er, doch habe er seine 120 Beschäftigten halten wollen. Dies wird als alleiniger Grund für die massive Überschuldung als nicht sonderlich stichhaltig angesehen. 14 Millionen Euro schuldete er laut Berichten seinen Gläubigern, auf fünf Millionen wird sein Besitz geschätzt.

Wahrscheinlicher dürfte sein, dass er bei seinen unzähligen Aktivitäten den Durchblick verloren hatte, was davon rentabel läuft und was nicht. Immerhin: Schnell fand sich eine nicht bekannte Investorengruppe, die bei ihm einstieg. Das Orlando-Restaurant wurde geschlossen, die Zahl der Mitarbeiter auf 90 reduziert. Aber Schuhbecks weiterer Einsatz ist ausdrücklich erwünscht, die Marke hat offenkundig den Wert behalten. Der nächste größere Auftritt ist nun aber im Münchner Justizzentrum, der Steuerprozess beginnt am 5. Oktober um 9 Uhr.