Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will „Verfassungsfeinde“ leichter aus dem öffentlichen Dienst entfernen können. (Archivbild) Foto: AFP/INA FASSBENDER

Die Bundesinnenministerin will mit einem Aktionsplan verstärkt gegen Rechtsextremismus vorgehen. Ziel sei es, diese „größte extremistische Bedrohung“ für die Demokratie in Deutschland abzuwehren.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will mit einem Aktionsplan konsequenter gegen Rechtsextremismus vorgehen. Ziel sei es, „mit Prävention und Härte“ diese „größte extremistische Bedrohung“ für die Demokratie in Deutschland zu bekämpfen, sagte Faeser am Dienstag. Rechtsextremistische Netzwerke müssten zerschlagen werden. Dabei sollten die Sicherheitsbehörden Finanzströme aufklären und austrocknen, der Entzug von Waffenscheinen solle erleichtert und Hetze im Internet „entschieden“ strafrechtlich bekämpft werden.

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In ihrem Plan heißt es: „Wir wollen rechtsextremistische Netzwerke zerschlagen.“ Strukturen müssten schneller durchschaut und wirkungsvoll bekämpft werden - „dazu werden wir die Finanzaktivitäten rechtsextremistischer Netzwerke aufklären und austrocknen“. Wichtige Einnahmequellen für Akteure der Szene seien etwa Festivals, Kampfsportveranstaltungen sowie der Vertrieb von Kleidung.

Faeser will Rechtsextremisten entwaffnen

Um bei der Entwaffnung von Rechtsextremisten schneller voranzukommen, will Faeser ein neues Forum schaffen. Hier sollen sich der Verfassungsschutz, die Waffenbehörden und die Polizei „unter geeigneter Einbeziehung der Verwaltungsgerichte“ austauschen. Aktuell verfügen rund 1500 mutmaßliche Rechtsextremisten über eine waffenrechtliche Erlaubnis. „Das ist viel zu viel“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang.

Damit Rechtsextremisten schneller als bisher den öffentlichen Dienst verlassen müssen, schlägt die SPD-Politikerin eine Änderung des Bundesdisziplinargesetzes vor. Für Bundesbehörden, die Rechtsextremisten in ihren Reihen haben, soll eine Koordinierungsstelle mit Beratungsmöglichkeiten beim Bundesamt für Verfassungsschutz eingerichtet werden.

Menschen durch Verschwörungsglauben radikalisiert

Wer bei Menschen in seinem Umfeld „eine Radikalisierung aufgrund eines wachsenden Verschwörungsglaubens“ beobachtet, soll sich künftig an eine Stelle wenden können, um Hilfestellung im Umgang mit den Betroffenen zu erhalten, sodass diese „im Idealfall einen Deradikalisierungsprozess anstoßen“. Dieses Beratungsangebot soll in Zusammenarbeit mit nicht-staatlichen Akteuren entstehen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll zudem Menschen, „die sich aus dem Umfeld organisierter Verschwörungsanhänger etwa der Corona-Leugner lösen wollen und hierbei Unterstützung brauchen“, Hilfe anbieten.

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Binnen eines Jahres soll eine „Allianz zum Schutz kommunaler Mandatsträger“ Vorschläge für einen verbesserten Schutz von Betroffenen, die Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind, erarbeiten. Dieser Allianz sollen neben den Ländern unter anderem auch kommunale Spitzenverbände und Kommunalpolitiker angehören.

„Dass die Überschneidung zwischen Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien künftig stärker im Fokus der Sicherheitsbehörden liegen soll, ist eine richtige Ankündigung“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle. Allerdings seien wesentliche Vorhaben der Koalition im Aktionsplan nicht enthalten. Beispielsweise hätten die Ampel-Parteien vereinbart, das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) von Bund und Ländern auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.

Rechtsextreme verübten etliche Terroranschläge

Unter dem Eindruck mehrerer rechter Terroranschläge hatte das letzte Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im November 2020 einen 89-Punkte-Plan gegen Rassismus und Rechtsextremismus beschlossen. Es sah unter anderem eine Stärkung der politischen Bildung und von Präventionsprogrammen vor, zudem Kampagnen des öffentlichen Dienstes zur Anwerbung von Menschen mit Migrationshintergrund. Faesers Amtsvorgänger, Horst Seehofer (CSU), ließ ein bundesweites Lagebild zu Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden erstellen.

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Wie Faeser in ihrem Plan ausführt, soll ein neuer Lagebericht dazu noch in diesem Monat vorliegen. Hier sei noch viel zu tun, sagte Haldenwang. Der Bericht solle zudem schrittweise auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgeweitet werden, kündigte Faeser an.

Es sei gut, dass sich Faeser entschieden habe, „mit der Tradition des Wegschauens zu brechen“, sagte die Linken-Innenpolitikerin Martina Renner. „Erforderlich ist jetzt, dass die angekündigten Maßnahmen auch schnell und konsequent umgesetzt werden.“