Ballettkunst aus der John-Cranko-Schule: Aoi Sawano, Beatriz Domingues und Celine Urquhart (von links) in einem Auszug aus dem Stück „Abdallah“ von Auguste Bournonville Foto: /Roman Novitzky

Die John-Cranko-Schule trotzt der Pandemie mit Kreativität: Für die Benefizmatinee der Aktion Weihnachten hatten die Schülerinnen und Schüler mehrere Uraufführungen geplant.

Stuttgart - Es war alles vorbereitet für den 6. Dezember. Vorbereitet hießt in diesem Fall: Die Schülerinnen und Schüler der John-Cranko-Schule hatten über Wochen hinweg für die Ballettmatinee geprobt. Sie hatten eigene Choreografien entwickelt und drei Uraufführungen einstudiert

Es war alles vorbereitet, bedeutet auch: Bei den 16 jungen Tänzerinnen und Tänzern zwischen 14 und 18 Jahren, die an diesem Sonntag ihren großen Auftritt auf der Bühne des Opernhauses haben sollten, hat große Vorfreude geherrscht. Ebenso bei ihren Lehrerinnen und Lehrern und bei Tadeusz Matacz, dem Leiter der John-Cranko-Schule. „Alle waren mit großem Eifer und Begeisterung dabei“, berichtet er. „Unser Programm stand.“ 40 Minuten lang „Jugend tanzt“. Den anderen Teil der Ballettmatinee hätten wie in all den Jahren zuvor Profis des Stuttgarter Balletts bestritten. In der Kombination eine einzigartige Mischung.

Schüler verarbeiten das Thema Corona in eigenen Stücken

Die Corona-Pandemie hat dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum ersten Mal in 40 Jahren kann die Ballettmatinee zugunsten der Aktion Weihnachten nicht stattfinden. Bedauerlich für das Publikum, besonders aber auch für die jungen Tänzerinnen und Tänzer. Das ganze Jahr schon bedeutet für sie Trainieren immer auch Improvisieren. Während des Lockdowns im Frühjahr waren die Schülerinnen und Schüler in ihren Heimatländern. Sie stammen aus 27 Nationen. Unterrichtet wurde online. Dabei erhielten sie auch kleine choreografische Aufgaben, die sie in kleinen Filmen festhielten.

Einige davon beeindruckten Tadeusz Matacz so sehr, dass er die Stücke für die Ballettmatinee auswählte. Darin wird auch das Thema Corona verarbeitet – die Distanz und die Nöte, die damit verbunden sind. Matacz spricht von „Corona-Balletten“. Die Schülerinnen und Schüler hätten sich der schwierigen Aufgabe mit großer Ernsthaftigkeit gewidmet. Etwa Alice McArthur, eine 16-jährige Neuseeländerin mit choreografischen Ambitionen. Matacz hält sie für „ein großes Talent“. Ihr Stück „Ember“ verbreitet Zuversicht. „Ein Hoffnungsschimmer nach all den dunklen Tagen“, sagt Matacz. „Das hätten wir gerne an den Schluss gesetzt.“

Ersatz-Weihnachtfest für alle, die nicht nach Hause können

Diese Haltung lebt der Leiter der John-Cranko-Schule selbst vor. Zusammen mit den zehn Lehrerinnen und Lehrern versucht er, den Heranwachsenden trotz der Corona-Beschränkungen ein Stück Normalität zu vermitteln. Seit September findet der Schulbetrieb wieder in der Schule statt. Glücklicherweise im neuen Gebäude am Urbansplatz. „An unserem alten Standort in der Urbanstraße wäre kein Unterricht möglich gewesen“, sagt Matacz. Viel zu klein und zu eng. „Hier haben wir zehnmal mehr Platz zur Verfügung.“ Von den 80 Internatsplätzen sind aktuell nur 40 belegt, um ausreichend Abstand halten zu können.

Matacz hofft, dass die Pandemie keine Spuren hinterlässt. „Die mentale Belastung ist enorm“, beobachtet er. Weil viele der Schülerinnen und Schüler wegen Corona an Weihnachten nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, soll es für sie in der John-Cranko-Schule ein Ersatz-Weihnachtsfest geben. Sie können sicher sein, Matacz wird etwas Besonderes einfallen.