Elektronenmikroskopische Aufnahme von Affenpocken-Viren, koloriert. Foto: Andrea Männel/Andrea Schnartendorff/RKI/dpa

In Großbritannien ist die Zahl der Affenpocken-Fälle in den vergangenen Tagen drastisch angestiegen. Vor allem Männer sind von der Viruserkrankung betroffen.

Großbritannien bleibt weiterhin ein Hotspot für die Ausbreitung der Affenpocken. Rund fünf Wochen nachdem die ersten Fälle im Vereinigten Königreich aufgetreten sind, vermeldet die Gesundheitsbehörde UKHSA (UK Health Security Agency) einen drastischen Anstieg der Fallzahlen.

In den vergangenen drei Tagen sind demnach 104 neue Fälle der Infektionskrankheit dazugekommen – das ist ein Anstieg von 28 Prozent seit Freitag (10. Juni). Insgesamt sind in Großbritannien bisher 470 Fälle der Viruserkrankung registriert worden.

Erste Affenpockenfälle in Großbritannien am 7. Mai

Die überwiegende Zahl der Fälle ist bei homo- oder bisexuellen Männern festgestellt worden, die häufig wechselnden Sexualverkehr haben. Am 7. Mai war in Großbritannien der erste aktuelle Fall von Affenpocken angezeigt worden.

Die erste Infektion soll auf eine Ansteckung in Nigeria zurückgehen. In Nigeria sind seit 2017 vermehrt Affenpockeninfektionen beim Menschen diagnostiziert worden – und Fälle in Verbindung mit Reisen dorthin vor allem ins Vereinigte Königreich.

Bisher mindestens 28 Ländern betroffen

Bis zum 8. Juni waren der Weltgesundheitsorganisation WHO 1285 im Labor bestätigte Fälle und ein wahrscheinlicher Fall aus mindestens 28 Ländern in vier WHO-Regionen gemeldet worden.

Die Mehrzahl der Fälle stammt aus Europa – vor allem Großbritannien, Spanien und Portugal sowie den USA. Inzwischen sind auch erste Infektionen in Lateinamerika bekannt geworden.

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189 Fälle in Deutschland

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind bis zum 13. Juni insgesamt 189 Affenpockenfälle in Deutschland aus elf Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) aufgetreten – 120 Fälle allein davon in Berlin.

Bei den Erkrankten handelt es sich ausschließlich um Männer. Sowohl RKI als auch WHO gehen davon aus, dass die Fallzahlen weltweit und in Deutschland weiter ansteigen werden.

Ansteckung durch Pockenviren

Affenpocken sind eine Viruserkrankung. Die Viren gehören zu einer Unterfamilie der Pockenviren. Ähnlich wie bei diesen bilden sich im Verlauf einer Infektion oftmals Bläschen am Körper. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwei Wochen.

Normalerweise werden Affenpocken über die Luft übertragen. In einigen der kürzlich aufgetauchten Fälle aber gingen die Experten von einer Infektion durch Flüssigkeiten aus. Bei der Mehrheit der bisher bekanntgewordenen Fälle sind Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten.

Affenpocken waren bislang vor allem aus einigen Regionen Afrikas bekannt. Männer, die Sex mit Männern haben, sollten laut RKI bei ungewöhnlichen Hautveränderungen „unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen“. In Nigeria sind seit 2017 vermehrt Affenpockeninfektionen beim Menschen diagnostiziert worden – und Fälle in Verbindung mit Reisen dorthin vor allem im Vereinigten Königreich.

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Bisher eher milde Verläufe

Die Virus-Erkrankung ruft nach Angaben der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA meist nur milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Ansteckend sind demnach nur symptomatisch Erkrankte bei engem Kontakt.

Nach UKHSA-Angaben zählen zu den ersten Krankheitsanzeichen: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Erschöpfung. Es könne sich ein Ausschlag entwickeln, der sich oft ausgehend vom Gesicht auf andere Körperteile ausbreite. Der Ausschlag sehe je nach Phase unterschiedlich aus und könne Windpocken und Syphilis ähneln.

Pockenschutzimpfung schützt weitgehend

Die früher übliche Pockenschutzimpfung ist nach WHO-Angaben zu 85 Prozent wirksam gegen eine Infektion mit Affenpocken. Das berichtete sie am Samstag in Genf unter Berufung auf Studien. Die routinemäßige Pockenimpfung wurde gestoppt, nachdem die Pocken 1980 als ausgerottet erklärt wurden.

Zu Todesfällen durch die Affenpocken könne es vor allem bei kleinen Kindern und Menschen mit angegriffenem Immunsystem kommen, etwa durch eine HIV-Infektion, berichtete die WHO.

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Weder Therapie noch Impfung

Bisher gibt es noch keine spezifische Therapie und keine Impfung gegen Affenpocken. Die Pocken des Menschen gelten seit 1980 nach einer großen Impfkampagne weltweit als ausgerottet. Dem RKI zufolge haben weite Teile der Weltbevölkerung mittlerweile allerdings keinen Impfschutz mehr.

Fachleute vermuten, dass der Erreger der Affenpocken in Nagetieren zirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. „Infektionen können durch Kontakt mit Sekreten infizierter Tiere übertragen werden“, heißt es in einem RKI-Bericht. „Auch die sexuelle Übertragung von Pockenviren ist möglich.“

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