Der Pressesprecher des Landesvorstandes und Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier weist die Kritik zurück Foto: AFP/SOEREN STACHE

Der AfD droht Ärger wegen des Prozederes zur Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl. Kritiker befürchten eine Beeinflussung und juristische Anfechtungen.

Stuttgart - Dem baden-württembergischen Landesverband der AfD droht nach dem schlechten Abschneiden der Partei bei der Landtagswahl (sie verlor 5,4 Prozent und rutschte auf 9,7 Prozent ab) Ärger über das Prozedere des Kandidatenaufstellungsverfahrens zur Bundestagswahl im September. Offenbar soll in den nächsten Tagen die Liste der ersten 30 Kandidaten erstmalig per Briefwahl festgelegt werden.

In der AfD halten etliche Mitglieder die operative Durchführung für riskant. Die meisten Kritiker stammen aus dem Anti-Weidel-Lager. Das Prozedere bietet ihren Befürchtungen zufolge Einfalltore zur Anfechtung und zu großen Einfluss des von Alice Weidel geführten Landesvorstandes auf die bevorzugte Platzierung von vorstandsnahen Kandidaten. Der Stuttgarter AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel wirft dem Landesvorstand ein „gewolltes Chaos“ vor und sprach sich gegenüber unserer Zeitung deshalb für einen Präsenzparteitag aus. „Aus meiner Sicht wurden nicht alle Optionen eines Präsenzparteitages ausreichend geprüft“, so Spaniel, der im vergangenen Jahr Weidel im Kampf um den Parteivorsitz unterlegen war.

Aufgrund der operativen Risiken und juristischen Anfechtungsmöglichkeiten eines unerprobten Briefwahlverfahrens halte er „diese Vorgehensweise für ein sehr hohes, fast schon unverantwortliches Risiko, das den Einzug der AfD Baden-Württemberg in den Bundestag aus formalen Gründen gefährden könnte“, und „persönlich für unverantwortlich“. Der Landesvorstand habe den Präsenzparteitag „grundlos“ abgesagt.

Der Pressesprecher des Landesvorstandes und Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier weist Spaniels Kritik auf Anfrage zurück. Der Landesvorstand habe sämtliche Möglichkeiten zur Durchführung eines Präsenzparteitages eingehend geprüft. „Die Kosten eines solchen Parteitages unter Lockdown-Bedingungen würden den finanziellen Rahmen sprengen und unser Wahlkampfbudget auffressen“, so Frohnmaier am Montag. Das gesamte Verfahren werde von einem Juristenteam begleitet, um rechtliche Risiken zu minimieren. Neben der Briefwahl werde es zudem die Möglichkeit zur Urnenwahl geben.

Die Kandidatenliste zur Bundestagswahl muss bis zum 19. Juli aufgestellt sein.