Diese Personalwohnheime in Bad Cannstatt sollen Neubauten weichen Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Pflege- und Reinigungskräfte an den Krankenhäusern sind derzeit gefordert wie nie. Doch trotz Coronakrise soll jetzt eine Mitarbeiterin des städtischen Klinikums aus ihrer Personalwohnung ausziehen, ohne Ersatz zu haben.

Stuttgart - Eda K. (Name von der Redaktion geändert) weiß nicht mehr ein noch aus. „Ich habe keine Ahnung, was ich noch machen soll in dieser Situation“, sagt die Frau, die seit drei Jahren als festangestellte Reinigungskraft im Krankenhaus Bad Cannstatt arbeitet. Denn bereits am nächsten Dienstag steht sie wohl auf der Straße.

Gemeinsam mit ihrer Tochter, die sich in Ausbildung befindet, wohnt Eda K. in einem zum Abriss vorgesehenen Personalwohnheim des Klinikums, gleich nebenan im Prießnitzweg. Im vergangenen Sommer kam sie dort unter, nachdem ihre Ehe in die Brüche gegangen war. Befristet zunächst bis Ende Dezember, dann bis März. Doch jetzt ist ihr unmissverständlich mitgeteilt worden, dass eine weitere Verlängerung nicht mehr infrage kommt – obwohl das Gebäude erst Ende 2021 abgerissen werden soll. „Ich verstehe das nicht“, sagt die herzkranke Frau, die durch die Scheidung zudem finanziell sehr knapp ist.

Die Cannstatter Personalwohnungen sind im Herbst 2017 von der Stadt an ihr eigenes Tochterunternehmen, die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), verkauft worden. Die hat die Substanz überprüft und beschlossen, die drei bestehenden Blocks im Prießnitzweg, rund 50 Jahre alt, durch Neubauten zu ersetzen. Aus 302 Wohnplätzen sollen so 400 werden. Allerdings hat es in der Folge bereits kritische Stimmen gegeben, weil die Mieten danach steigen werden und Vorwürfe aufkamen, die bisherigen Mieter würden bei der Suche nach Ersatzwohnraum allein gelassen. Klinikum und SWSG versprachen daraufhin, dass niemand auf der Straße stehen werde.

Personal ist extrem gefordert

Eda K. hat tatsächlich in der Vergangenheit zwei andere Unterkünfte angeboten bekommen. „Ich hätte beide genommen, auch wenn eine davon nur einen einzigen Heizkörper hatte und sehr renovierungsbedürftig war“, sagt sie. Für die eine habe sie eine Absage bekommen, wegen der zweiten überhaupt nichts mehr gehört. „Ich war überall, beim Personalrat, bei der Stadt und selbst bei einer Sozialarbeiterin“, erzählt sie. Bisher vergeblich. In der aktuellen Coronakrise sei auch das Reinigungspersonal an den Kliniken extrem gefordert und belastet, klagt sie. Sie habe aber den Eindruck, dass man trotzdem „nichts wert“ sei.

Das ruft Empörung bei der SWSG-Mieterinitiative hervor. „Die Kolleginnen im Reinigungsbereich sagen, dass die Arbeit allein wegen Schutzkleidung und Atemmasken viel anstrengender geworden ist. Es fehle zudem an Personal“, so Sprecherin Ursel Beck. „Alle reden jetzt davon, dass die Beschäftigten in den Krankenhäusern heldenhaft arbeiten. Was ist das für eine Heuchelei, wenn dann gleichzeitig so mit ihnen umgegangen wird?“, fragt sie.

Die Mitarbeiterin habe nur einen befristeten Mietvertrag, heißt es dagegen beim Klinikum, das sich um die Vermietung der Gebäude kümmert. „Sie wusste von Anfang an, dass die Unterkunft nur für sechs Monate zur Verfügung gestellt werden kann“, sagt ein Sprecher. Außerdem habe sie bereits eine Verlängerung bekommen. Mehr gehe nicht, auch wenn das Gebäude erst 2021 abgerissen werde. „Das Klinikum braucht freie Appartements, um dringend benötigten neuen Mitarbeitern für die Anfangszeit Wohnungen zur Verfügung stellen zu können. Dies ist Bestandteil des Personalgewinnungskonzepts und eine mit dem Personalrat abgestimmte Vereinbarung“, so der Sprecher.

Beteiligte wollen weitersuchen

Er betont, Klinikum und SWSG unterstützten bei der Wohnungssuche. Das letzte Gespräch mit der Mitarbeiterin habe erst in dieser Woche stattgefunden. Auch bei der SWSG bekräftigt man: „Insgesamt haben wir für alle drei Gebäude am Prießnitzweg rund 40 Wohnungen zur Verfügung gestellt. Auch für die Betroffene kümmern wir uns aktuell um eine Ersatzwohnung.“

Es ist ja noch bis Dienstag Zeit.