Der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn muss sich mit verschiedenen Vorwürfen auseinandersetzen. Foto: Simon Granville/StZN

Nach dem Vorstoß der Ex-Freundinnen des Oberbürgermeisters Cohn ist nun eines klar: Die ungeklärte Lage an der Leonberger Stadtspitze ist nicht mehr hinnehmbar, meint unser Leonberger Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Im Leonberger Rathaus will einfach keine Ruhe einkehren. Fast möchte man meinen, ein Fluch laste auf der Schaltstelle der Macht in der Großen Kreisstadt. Seit anderthalb Jahren bekriegen sich Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) und seine Stellvertreterin Josefa Schmid (FDP) regelrecht. Mit dem vorläufigen Rauswurf Schmids im vergangenen Juni hat der Hausherr auf den ersten Blick einen Etappensieg erreicht.

Doch ob Cohn sein großes Ziel, die ungeliebte Stellvertreterin endgültig loszuwerden, tatsächlich erreicht, ist nach wie vor offen. Die resolute Juristin aus Bayern wehrt sich mit allen Mitteln. Parallel dazu laufen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen beide wegen womöglich strafrechtlich relevanter Vorwürfe. Das solide Führen von Verwaltungsgeschäften sieht anders aus.

Die Erklärungen dreier Ex-Freundinnen Cohns, die in diesen Tagen die Mitglieder des Leonberger Gemeinderats erreicht haben, machen die Gesamtsituation nicht besser. Zwar schweigen sich die Fraktionen über den Inhalt der Ausführungen aus, gleichwohl machen Begriffe wie „erschüttert“ und „fassungslos“ die Runde. Auf jeden Fall sind die Dinge, die die Frauen vorbringen, offenbar so gravierend, dass die Hälfte der Ratsmitglieder sie gemeinsam zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft und das Regierungspräsidium geschickt hat. Auch die Fraktionen, die nicht zu den Absendern des brisanten Materials gehören, darunter Cohns SPD, äußern sich besorgt über die Lage der Stadtverwaltung.

Die Beschäftigten baden die Fehler aus

Eine Sorge, die nicht zum ersten mal artikuliert wird. Die Personalsituation im Rathaus ist seit langem äußerst angespannt. Viele Aufgaben bleiben liegen oder müssen von anderen, ohnehin überlasteten Mitarbeitern erledigt werden. Die desolate Situation im Leonberger Bürgeramt ist exemplarisch für das große Ganze. Auch hier müssen die Beschäftigten an der Front – in diesem Fall trifft der Begriff aus dem Kriegsvokabular es tatsächlich am ehesten – ausbaden, was an anderer Stelle versäumt wurde.

Dass die Erklärungen der früheren Freundinnen des Oberbürgermeisters im Vorfeld des Kommunalwahlkampfes den Gemeinderat erreichen, könnte man als taktisches Manöver interpretieren. Schließlich ist Cohn selbst Kandidat: Er bewirbt sich um ein Kreistagsmandat. Doch dass die Frauen, deren Erklärungen zum Teil schon im vergangenen Jahr verfasst wurden, bei ihrem Handeln einen möglichen Wahltermin im Kopf hatten, darf eher als unwahrscheinlich gelten.

Letztendlich ist aber auch dieser Aspekt einer von vielen nebulösen Punkten in einer undurchsichtigen wie desillusionierenden Gemengelage, die in dieser Form wohl nur – wenn überhaupt – höchst selten anzutreffen ist. Allein schon deshalb ist es zwingend nötig, dass die Staatsanwaltschaft und das Regierungspräsidium, die im Gegensatz zum Leonberger Gemeinderat das Heft des Handelns in der Hand haben, nun endlich ihre anderthalb Jahre währenden Ermittlungen und Überprüfungen zum Abschluss bringen.

Die Öffentlichkeit kann jetzt nicht länger vertröstet werden

Man mag über das Handeln der früheren Partnerinnen denken, was man will – eines haben sie bewirkt: Die beiden übergeordneten Behörden können nicht einfach weiterhin von Monat zu Monat die Öffentlichkeit mit der Begründung vertrösten, dass die amtlichen Recherchen derart komplex wären und daher womöglich noch Jahre andauern könnten. Zu viele Behauptungen, Spekulationen und Beschuldigungen stehen schon viel zu lange im Raum. Die Menschen haben ein Recht auf Aufklärung. Und sie haben ein Recht auf eine funktionierende Verwaltung.

Anmerkung der Redaktion: Die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Oberbürgermeister Cohn wurden mangelnden hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO  eingestellt. Das hat Cohns Anwalt Max Klinger dem Leonberger Gemeinderat am 25. Februar 2025 in öffentlicher Sitzung mitgeteilt. Die Erste Bürgermeisterin Josefa von Hohenzollern wurde am 4. März 2025  vom Amtsgericht Leonberg von den Vorwürfen der Urkundenfälschung und des versuchten Betruges freigesprochen.