Lorenz Grohe ist stolz auf Vater Matthias Grohe, der Organe gespendet hat. Foto: LG/Piechowski

Mediziner sind besorgt: Der Organmangel hat sich drastisch verschärft. Die Familie des verstorbenen Malo-Wirts Matthias Grohe ruft zu Organspenden auf. Unter großer Anteilnahme wird der beliebte Gastronom am Montag auf dem Waldfriedhof beigesetzt.

Lähmende Trauer und Fassungslosigkeit liegen am Montag über dem Waldfriedhof. Die Kapelle ist für den Andrang der Besucher zu klein, die Reden werden über Lautsprecher nach außen übertragen. Der frühere EU-Kommissar Günther Oettinger erinnert an gemeinsame Urlaube. In sechs Wohnmobilen sei man etwa nach Sardinien gereist, samt Kindern und Hunden, und habe eine tolle Zeit verbracht. Etwas schroff, aber herzlich sei der so streitbare wie liebenswerte Malo-Wirt Matthias Grohe gewesen. Zwei Wochen nach seiner letzten Party zum 60. Geburtstag ist er überraschend an einem Hirnschlag gestorben.

Einbruch der Spendezahlen im ersten Quartal 2022 um knapp 30 Prozent

Sollte er mal sterben, sagte Grohe erst kürzlich seiner Frau und seinen drei Kindern, habe er ein „geiles Leben“ gehabt. Und seiner versammelten Familie teilte er mit, im Fall seines Todes werde er seine Organe spenden. „Sehr viele Menschen wollen sich nicht mit ihrem Tod auseinandersetzen“, berichtet Susanne Venhaus von der Deutschen Stiftung Organtransplantion unserer Redaktion, „dabei ist es sehr wichtig, zu Lebzeiten die Entscheidung über eine Organspende zu treffen.“ Ausdrücklich lobt sie den Stuttgarter Gastronomen Grohe, der fünf Organe gespendet hat. In der Pandemie sei die Zahl der Organspenden drastisch zurückgegangen.

Die Stiftung blickt „mit großer Sorge auf die momentane Situation“. Der Organmangel habe sich „weiter verschärft“. Bis Ende Oktober gab es nach Susanne Venhans’ Worten bundesweit 710 Organspenden in etwa 1200 Krankenhäusern, das seien 65 weniger als im Jahr zuvor. Auch die Summe der entnommenen Organe, die für eine Transplantation an die Vermittlungsstelle Eurotransplant gemeldet wurden, sank auf 2178 (im Vorjahreszeitraum waren es 2420).

„Situation für Patienten auf den Wartelisten ist im höchsten Maß bedrückend“

„Nach einem unerwarteten Einbruch der Spenderzahlen um knapp 30 Prozent im ersten Quartal 2022 haben wir zwar eine Stabilisierung der Zahl der Organspenden erreicht, insgesamt bleibt die Situation für die Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten und ihre Angehörigen aber im höchsten Maße bedrückend“, bedauert Axel Rahmel, medizinisches Vorstandsmitglied der Stiftung.

Mit bisher 110 Organspenden im Jahr 2022 liegt Baden-Württemberg im Bundesvergleich auf Patz zwei, was die Häufigkeit der Organentnahmen angeht. Nur Nordrhein-Westfalen hat mit 140 Spenden mehr.

„Papa hat mit seinen Organen fünf Menschenleben gerettet“

Den Tod seines Vater kann Lorenz Grohe, der das preisgekrönte Dschungelrestaurant Malo beim Rathaus nun allein führen muss, noch immer nicht fassen. Wenn sich dieser schwere Schicksalsschlag nicht ändern lasse, könnte jeder mit dazu beitragen, dass die Verschärfung des Organmangels etwas nachlässt. Lorenz Grohe appelliert, seinen Vater als Vorbild zu nehmen und sich umgehend Organspendeausweise (für die gibt es übrigens keine Altersgrenze) zu besorgen.

„Papa hat mit seinen fünf gespendeten Organen fünf Menschenleben gerettet“, sagt Lorenz Grohe. Zu Lebenszeiten sei der Vater sein Held gewesen, und er sei „auch als Held“, nämlich als Lebensretter, gegangen.

Oettinger schafft es in seiner starken Rede, mit Anekdoten über Matthias Grohe den Trauergästen immer wieder ein Schmunzeln zu entlocken. Abschied nehmen unter anderen auch OB Frank Nopper, die frühere Kultusministerin Susanne Eisenmann, Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, Binder-Optik-Chef Helmut Baur und etliche Gastronomen. Nach der Urnenbestattung hört man, wie sich Grohes Freunde gegenseitig befragen, wer seine Organe spenden wird.