An den Kosten für die Opernsanierung soll sich das Land mit einer halben Milliarde Euro beteiligen. Foto: imago stock&people - imago stock&people

Noch haben sich die meisten Fraktionen im Landtag in Sachen Opernsanierung nicht festgelegt. Doch schon jetzt tun sich Abgeordnete schwer damit, die Kosten des Landes zu rechtfertigen.

StuttgartDie Befürworter einer milliardenschweren Sanierung der Stuttgarter Oper müssen im baden-württembergischen Landtag noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Denn insbesondere Abgeordnete aus Stuttgart-fernen Wahlkreisen tun sich schwer damit, den Kostenanteil des Landes in Höhe von einer halben Milliarde Euro in ihren heimatlichen Regionen zu rechtfertigen. Die Bedenken finden sich – mit Ausnahme der Grünen – in allen Fraktionen, und es sind weit mehr als Einzelstimmen.

„Wir sehen, dass die immensen Kosten für die Opernsanierung in Stuttgart für die Menschen im Land nicht zu vermitteln sind“, sagte der Fraktionschef der Liberalen, Hans-Ulrich Rülke (Pforzheim), unserer Zeitung. Die FDP-Fraktion sei „nicht bereit zu unterstützen, dass das Land 500 Millionen für eine Opernsanierung ausgibt“. Mehrere Abgeordnete haben offenbar in der jüngsten Fraktionssitzung, auf der das Thema diskutiert wurde, von verständnislosen Reaktionen in ihren Wahlkreisen berichtet – so etwa Daniel Karrais (Rottweil), Stephen Brauer (Schwäbisch Hall) und Jochen Haußmann (Schorndorf). Häufig werden marode Straßen, unzureichende Bahn-Infrastruktur und Mängel an Schulgebäuden dagegen gestellt.

Auch aus der Regierungsfraktion CDU dringt Grummeln. „Häufig höre ich von Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis: Mit dem Geld könnte man viel Sinnvolleres anfangen“, berichtet etwa Thomas Dörflinger (Biberach). Und er folgert: „Dem stimme ich – bei aller Notwendigkeit für eine Opern-Sanierung – zu. Auch mir erscheint die Summe als viel zu hoch.“ Auch Marion Gentges (Lahr), Vorsitzende des CDU-Arbeitskreises Wissenschaft, Forschung, Kunst, sprach dieser Tage von „verflixt viel Geld“ für das Opernprojekt, was gerade fernab der Hauptstadt nur schwer zu vermitteln sei.

Es gibt auch Zustimmung

Einen Fraktionsbeschluss hat die CDU allerdings noch nicht gefasst. Und manche Abgeordnete aus ländlichen Regionen äußern sich sehr wohl zustimmend. So sagt CDU-Generalsekretär Manuel Hagel (Ehingen/Donau): „Natürlich ist eine Milliarde eine gewaltige Summe, die durchaus hinterfragt werden muss. Grundsätzlich sollten wir es tunlichst vermeiden, Interessen einzelner Regionen gegeneinander auszuspielen – das hat schon bei Stuttgart 21 nur geschadet.“

Für die SPD hatte ihr Fraktionsvize Martin Rivoir (Ulm) bereits kurz nach Bekanntwerden der Kostenkalkulation von einem Vermittlungsproblem gesprochen. Auch in der Fraktionssitzung zu dem Thema wurde viel Skepsis laut. Der frühere Justizminister Rainer Stickelberger (Lörrach) setzt die Kosten ins Verhältnis zu den Ausgaben für kleinere Kulturprojekte wie Privattheater oder Festivals: „Zu befürchten ist, dass im Zuge der Etatisierung der nötigen Finanzmittel wichtige Projekte in meiner Region und vergleichbaren Gebieten benachteiligt werden oder auf der Strecke bleiben.“ Er stellt außerdem die Frage, ob sich nicht auch die Region Stuttgart an der Finanzierung beteiligen müsse. Langfristig sollte überlegt werden, ob andere Formen der Finanzierung nach Schweizer Vorbild in Betracht kommen, etwa über eine Stiftung.

Auch AfD-Abgeordnete äußern sich kritisch. Anton Baron (Hohenlohe) spricht von „Luxussanierung“ und „unverdientem Hauptstadtbonus“: „Solch ausufernde Kosten stoßen bei den Menschen im ländlichen Raum wie Hohenlohe und Schwäbisch Hall auf Unverständnis, weil Investitionen dort viel dringender nötig sind.“ Sein Fraktionskollege Rainer Balzer (Bruchsal) sagte, natürlich müsse die Nutzung historischer Gebäude als Theater heutigen Ansprüchen genügen. Allerdings sei ein solch teurer Umbau für die meisten Bürger nicht nachvollziehbar.

Lediglich die Grünen standen in der jüngsten Fraktionssitzung offenbar widerspruchslos hinter dem Konzept ihrer Kunstministerin. „Das Ballett und die Staatsoper Stuttgart nehmen mit ihrer künstlerischen Exzellenz im Land eine Sonderstellung ein. Und da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir wollen weiterhin die hohe Qualität des Hauses mit Weltrang erhalten und sanieren, oder wir lassen die Oper und das Ballett im jetzigen Zustand und das Haus wird marode“, sagt etwa die Konstanzer Abgeordnete Nese Erikli. Von dem ausgezeichneten Ruf profitierten alle Menschen in Baden-Württemberg: „Das haben mir auch Gespräche in meinem Wahlkreis gezeigt.“