Florian Steiner will mehr als verkaufen – er hat eine Vision. Foto: Michael Käfer

Florian Steiner ist Inhaber der Winnender Abfüllbar und seit der Eröffnung überzeugt vom Konzept. Aber auch er spürt eine deutliche Zurückhaltung potenzieller Kundschaft. Nun setzt er auf zusätzliche Käuferschichten – zum Beispiel Hotels.

In das Klischee vom leicht zotteligen Weltverbesserer passt Florian Steiner zumindest optisch so rein gar nicht. Der Inhaber und Gründer der Winnender Abfüllbar ist ein athletischer Zwei-Zentner-Mann mit 1,93 Meter Scheitelhöhe, dem man den regelmäßigen Besuch im Fitnessstudio schon auf den ersten Blick ansieht. „Man muss kein Öko sein, um sich nachhaltig zu verhalten“, sagt der 32-Jährige.

Mit seinem Unverpackt-Laden in der Torstraße hat sich der gelernte Industriekaufmann im Oktober 2021 einen Traum erfüllt, der während des berufsbegleitend absolvierten Betriebswirtschaftsstudiums entstanden war. So vorgebildet und mit mehrjähriger Erfahrung aus Vertriebs- und Einkaufsabteilungen größerer Unternehmen ausgestattet, war das Schreiben des obligatorischen Businessplans kein Problem.

Zur Finanzierung des in der Winnender Innenstadt gelegenen Ladens initiierte Florian Steiner eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne. Deren Nebeneffekt war ein umfangreiches positives Feedback, das Hoffnung auf auskömmliche Umsätze machte.

Unverpackt heißt nicht, dass es gar keine Verpackungen mehr gibt

„Die Realität war allerdings deutlich ernüchternder“, sagt Florian Steiner. Der Unterschied zwischen unterstützenden Worten und dem tatsächlich stattfindenden Besuch in dem eigenhändig renovierten Laden ist offensichtlich groß. Für den großen Profit, das war dem Jungunternehmer von Anfang an klar, würde die Abfüllbar nicht reichen. Florian Steiners Motivation war eine andere: „Mein Antrieb ist, dass ich den Plastikabfall lokal, wo ich herkomme, signifikant verringern kann“, sagt der Mann aus Breuningsweiler. Dabei räumt er zugleich ein Missverständnis aus dem Weg: Unverpackt einzukaufen heiße nicht, auf Verpackungen generell zu verzichten. Vielmehr solle Müll, speziell Kunststoffmüll, vermieden werden.

Das Transportgefäß – Florian Steiner hat etliche davon im Laden – soll also möglichst oft wiederverwendbar oder zumindest kompostierbar sein. Darin oder in mitgebrachte Behälter können Waren aus dem von A wie Agavendicksaft bis Z wie Zartbitterschokolade reichenden Sortiment nach Hause genommen werden. Vor allem dauerhafte Lebensmittel wie Nüsse, Getreide, Müsli-Mischungen und Süßigkeiten, aber auch Wein, Öle und Reinigungsmittel hat Florian Steiner im Angebot.

Vergleicht man die Preise der allesamt aus ökologischem Anbau und bei Importwaren aus fairem Handel stammenden Produkte, so sind diese mit dem üblichen Lebensmittel-Einzelhandel vergleichbar. Dennoch haben Lieferkettenprobleme, der etwas höhere Aufwand und die gestiegenen Energiepreise zu einer Kaufzurückhaltung nicht nur bei der Winnender Abfüllbar geführt.

Nach Kenntnis von Florian Steiner hat die Unverpackt-Branche landesweit fast durchgängig ein Rentabilitätsproblem. Die positive Ausnahme bilden dabei Supermärkte wie der Vollsortimenter Edeka Hansen in Fellbach, deren normales Sortiment um einen Anteil unverpackter Waren ergänzt wurde. „Bei uns läuft es unverändert gut“, sagt der Inhaber Björn Hansen.

Hotels könnten Unverpacktes zum Frühstück reichen

Von seiner Vision, die Umwelt im Allgemeinen und die Weltmeere im Speziellen von Plastikmüll zu entlasten, will Florian Steiner trotz mangelnder Umsätze nicht lassen. Eine neue Zielgruppe, die er derzeit mit Unterstützung seines Business-Netzwerks erschließt, sind Unternehmen. Hotels beispielsweise, die ihren Gästen unverpackte und ökologisch erzeugte Lebensmittel zum Frühstück reichen möchten. Ihnen liefert Steiner das Gewünschte samt Spender direkt ins Haus. „Es sind sehr viele Interessenten da“, sagt der Winnender hoffnungsvoll. Ein Fellbacher Steuerberater nutzt die gesunden Snacks etwa als einen Baustein zur gezielten Mitarbeitermotivation.

„Es ist strategisch die richtige Entscheidung“, sagt Florian Steiner. Klar ist aber auch: Funktioniert sie nicht, dann dürfte Winnenden bald um eine nachhaltige Einkaufsmöglichkeit ärmer sein.