Biomüll ist eine gute Sache – wenn nur nicht der mitunter strenge Geruch in der Biotonne wäre. Foto: dpa/Peter Steffen

Biotonnen stinken und ziehen Ungeziefer an, vor allem an heißen Sommertagen. Ein Filterdeckel könnte Abhilfe schaffen. Einige Städte rüsten die Sammelbehälter bereits um. Die Abfallwirtschaft Stuttgart sieht dafür jedoch keine Notwendigkeit.

Untertürkheim - D as Problem kennen Hauseigentümer wie Mieter in allen Stuttgarter Stadtbezirken: Die Biotonne stinkt. Vor allem an heißen Sommertagen wie derzeit. Kann man denn gar nichts dagegen tun? Klar, gut gemeinte Tipps zur Sauberkeit gibt es zuhauf. Doch zufriedenstellende Ergebnisse liefern sie nicht.

Dabei liegt die Lösung auf der Hand – meinen zumindest die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat und verweisen auf andere Städte: Neu-Ulm, Chemnitz, Koblenz, Fürth und der Neckar-Odenwald-Kreis beispielsweise würden Biotonnen flächendeckend mit speziellen Bio-Filterdeckeln ausstatten. Die Sammelbehälter würden damit geruchs- und fliegendicht verschlossen, entstehende Faulgase in der Filterkammer mit der Unterstützung von Mikroorganismen aufgespalten. Die Erfahrungen dort zeigten, dass weniger Maden als früher auftreten und keine Belästigungen durch Fliegen oder Geruch entstünden, berichten die beiden Fraktionsvorsitzenden Gabriele Munk und Andreas Winter. Zudem könne dort der wöchentliche Abfuhr-Rhythmus auf einen 14-tägigen Turnus umgestellt werden – wodurch Kosten gespart und das Klima geschont werden. Auch die Hygienebedingungen für die Müllmänner würden sich deutlich verbessern.

Keine signifikanten Beschwerdern

Das wäre doch auch etwas für Stuttgart, sind die Rathaus-Grünen überzeugt. Sie wollen daher wissen, ob der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) entsprechende Informationen oder Erfahrungen mit Bio-Filterdeckeln vorliegen. Bei der Verwaltung haben sie vor kurzem angefragt, welche Anschaffungs- und Umrüstungskosten entstehen würden und welcher Abfuhrbezirk in Stuttgart geeignet wäre, um dort in einem Pilotprojekt die braunen Biotonnen mit Filterdeckeln umzurüsten.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn erteilt dem Ansinnen eine klare Abfuhr: „Aufgrund der langjährigen, positiven Erfahrungen sieht der AWS derzeit keine Notwendigkeit, die Sammelbehälter für Bioabfälle mit einem Filterdeckel auszurüsten“, heißt es in seiner Stellungnahme. Und weiter: „Die vorhandenen Behältergrößen und der praktizierte Abfuhrrhythmus stellen eine sowohl für die Bürger wie die Müllwerker sehr gute Bioabfallsammlung dar.“ Dem städtischen Eigenbetrieb AWS seien auch „keine signifikanten Beschwerden über Geruchsprobleme und/oder Ungezieferbefall bei der Biotonne insbesondere in der heißen Jahreszeit bekannt“, teilt der OB mit.

Jährliche Folgekosten von 520 000 Euro

Seit der flächendeckenden Erweiterung der Bioabfallsammlung im Januar 2015 erfolgt die Abfuhr der Bioabfälle im gesamten Stadtgebiet ganzjährig in wöchentlicher Sammlung, seit Januar 2019 sogar im Vollservice. Insgesamt werden rund 63 000 braune Tonnen geleert, die meisten davon haben ein Volumen von bis zu 60 Liter (54 Prozent) und 120 Liter (36 Prozent). Der Anteil der 240-Liter-Behälter macht gerade mal zehn Prozent aus. Da die Biotonnen in Stuttgart nicht vom Grundstückseigentümer, sondern vom AWS beschafft und aufgestellt werden, wäre der Eigenbetrieb für den Deckeltausch verantwortlich. Für die Anschaffung und die Umrüstung des Behälterbestandes mit Filterdeckeln würden laut Kuhn Kosten in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro entstehen. Hinzu kämen Aufwendungen für den ordnungsgemäßen Betrieb: Nach maximal zwei Jahren müssten die Biotonnen mit einem neuen Filter bestückt werden. „Die Kosten für den Filterersatz und den notwendigen Filtertausch betragen rund 520 000 Euro jährlich“, so Kuhn.

Kein Vorteil gegenüber Standardtonne

Noch weitere Gründe sprächen gegen die Filterdeckellösung. „Die in Stuttgart angebotene jährliche Bio-Behälterreinigung innen und außen mit Hochdruck und Heißwasser schadet eventuell dem Biofilter oder beeinträchtigt dessen Funktion erheblich. Ein Abmontieren der Deckel vor der Reinigung ist nicht praktikabel“, erläutert Kuhn. Eigene Untersuchungen mit „belüfteten“ Biotonnen im Zuge der Einführung der freiwilligen Biotonne hätten gezeigt, „dass eine Standardtonne (bei korrekter Befüllung) ähnliche Werte hinsichtlich der Geruchsemissionen und des Ungezieferbefalls erzielt wie eine Tonne mit einem Filterdeckel“. Die bereits vorhandenen Deckel würden die Behälter ebenso dicht wie die offerierten Deckel mit Biofiltereinsatz verschließen.

Auch von einem Pilotversuch hält die Verwaltung wenig. Aufgrund gebührenrechtlicher Gründe sei die Abfuhr in möglichen Pilotbezirken in einem anderen als dem wöchentlichen Rhythmus kritisch zu sehen, erklärt Kuhn. Zudem würde eine Turnus-Änderung „betrieblich erhebliche logistische Auswirkungen“ zur Folge haben .