Svenja Hildenbrand und ihre Tochter Maila sichern sich ein Erinnerungsstück an die Traglufthalle. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Nach 31 Wintern ist die aufblasbare Halle über dem Sportbecken des Untertürkheimer Inselbads Geschichte: Sie wurde zum letzten Mal abgebaut. Viele Sportler sind gekommen, um sich noch ein Stück Erinnerung zu sichern.

Die Traglufthalle vom Sportbecken im Untertürkheimer Inselbad ist am Donnerstag in ihre Einzelteile zerlegt worden: Rund 80 ehemalige und aktive Schwimmer sind gekommen, um sich ein Erinnerungsstück zu holen. Genau 31 Winter lang wurde die Plane über das 50-Meter-Becken gespannt, um eine Trainingsmöglichkeit in Stuttgart zu schaffen. „Das war unsere zweite Heimat, wir haben hier unsere Jugend verbracht“, sagt Silke Quitzsch, die sich zu dem Anlass mit ihren ehemaligen Vereinskolleginnen getroffen har. Mit Scheren machten sich die Besucher an die auf der Wiese ausgebreitete Plane, um sich aus den Stücken die unterschiedlichsten Souvenirs zu basteln.

Ein Privileg in der Traglufthalle trainieren zu dürfen

„Allein der Geruch“, schwärmt Silke Quitzsch, „das riecht nach Schwimmen und früher.“ In den 1990er Jahren trainierte sie in der Traglufthalle. Sehr komfortabel sei es nicht gewesen, aber ein Privileg, dort überhaupt hinein zu dürfen. In einen kleinen Bilderrahmen wird sie ihren Planenfetzen stecken. „Ich verbinde viel Schweiß und Schmerzen mit der Traglufthalle“, ergänzt ihre Freundin Svenja Hildenbrand – aber in einem positiven Sinn. Ihre Tochter Maila hat Herzen aus dem dicken Material ausgeschnitten, eine Wimpelkette für den Garten will die Familie daraus basteln.

Als Beweis für ihren Mut hat sich Rieke Blümel ein Souvenir gesichert. Die Neunjährige wurde im Januar während des Lockdowns in den baden-württembergischen Schwimmkader aufgenommen, und durfte in der Traglufthalle ihre Bahnen ziehen. „Ich war die Kleinste, es war schon ein toller Moment“, erzählt das Mädchen. Das Weinen musste sich sich zwar ein bisschen verkneifen, gekannt hatte sie damals niemand, weder Sportler noch Trainer, und der Papa musste draußen auf dem Parkplatz bleiben. Kalt war es im Winter unter dem Zeltdach außerdem, dennoch ihr Einstieg in den Leistungssport mega cool gewesen. Eine Tasche will sie sich aus der Plane nähen, für ihre Schwimmfreunde hat sie auch kleine Ausschnitte gesammelt.

Gekauft nach dem Bundesliga-Aufstieg der Wasserballer

Als die Cannstatter Wasserballer in die Bundesliga aufstiegen, wurde die Traglufthalle vom Gemeinderat angeschafft. Sie war 61 Meter lang, 36 Meter breit und zehn Meter hoch. Die Plane wog 16 Tonnen. Der Auf- und Abbau beanspruchte jeweils eine Woche. Zehn Jahre lang sollte das Provisorium genutzt werden, dass die Plane dann drei Mal so lange hielt, hätte keiner gedacht, berichtet Jens Böhm, der Sprecher der Bäderbetriebe. Mit viel Aufwand wurde sie jedes Jahr von einer Spezialfirma geflickt. „Den Vereinen war es egal, dass es nicht so hübsch aussieht“, erzählt er. Nun wird sie fachgerecht entsorgt.

Wie Jonas im Walfisch hat sich Rolf Diekmann immer in der Traglufthalle gefühlt. Nur ein Schummerlicht leuchtet im Inneren, und bei Wind legte sich die Plane in Falten.“Es war eine einmalige Stimmung und herrlich unperfekt“, findet das Mitglied vom TB Untertürkheim. Die Traglufthalle sei etwas besonderes gewesen, für den ganzen Verein hat er Stücke geholt. Für eine Schaumrutsche wird künftig ein großes Stück umfunktioniert, einen Sonnensegel will jemand anderes daraus machen. Für seinen Verwandten in Togo machte sich ein Mann an der Plane zu schaffe: Ein Fischteich soll damit ausgekleidet werden.

Das Ende ist auch ein schöner Neuanfang

Das Ende der Traglufthalle ist für die Sportler aber auch ein schöner Neuanfang: Im Frühsommer soll das Sportbad Neckarpark fertig sein, dann können sie im dortigen 50-Meter-Becken das ganze Jahr über ihre Bahnen ziehen. „Ich bin sehr gespannt und freue mich drauf“, sagt Rieke Blümel. Der Schwimmbadleiter Arved Donert bringt auch ein Stück Traglufthalle in das neue Gebäude mit. Er will eine Erinnerungsecke damit einrichten. Und das Inselbad wird nun für die kommende Freibadsaison hergerichtet: Am 14. Mai dürfen dann alle zum Schwimmen kommen.