Von diesem Montag an dürfen auch die Bewohner der Landeshauptstadt nicht mehr mit einem Dieselauto, dessen Schadstoffklasse unter Euro 5 liegt, in der Stadt fahren. Foto: dpa - dpa

Von Montag an dürfen auch die Bewohner von Stuttgart nicht mehr mit einem Diesel-Auto, dessen Schadstoffwert unter Euro 5 liegt, in der Stadt fahren. Selbst wer einen Ausnahmeantrag gestellt hat, ist betroffen.

StuttgartVon diesem Montag an sind nicht nur Auswärtige, sondern auch etwa 18 000 Stuttgarter Fahrzeuge, deren Schadstoffklasse unter Euro 5 liegt, vom Fahrverbot betroffen. Dazu Fragen und Antworten.

Gibt es freie Fahrt, wenn der Ausnahmeantrag gestellt ist?

4540 Stuttgarter haben seit Januar einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung abgegeben, insgesamt sind es bislang 10 250. Wer seinen Antrag im Internet unter verkehrsverbot@stuttgart.de, telefonisch unter 0711 / 216 – 3 21 20 oder persönlich in der Jägerstraße 14 in Stuttgart gestellt und bisher keine Antwort erhalten hat, der muss warten – ohne Auto. „Antragsteller dürfen nicht fahren“, stellt Stadtsprecherin Ann-Katrin Gehrung klar. Für sie gilt vom 1. April an so lange das Verbot, bis der Ausnahmebescheid erstellt ist. Er befreit für ein Jahr und ist kostenlos. Antragsteller bemängeln, dass die Bearbeitung teils nach Monaten noch immer nicht abgeschlossen ist.

Wie viele Ausnahmen wurden bisher erteilt?

Wie viele Stuttgarter bisher eine Ausnahmegenehmigung erhielten, kann die Verwaltung derzeit nicht sagen. Diese Daten würden nicht erfasst, erläutert Gehrung. Das erscheint verwunderlich, denn bei einer Informationsveranstaltung am 12. Februar im Rathaus wurden die Anträge (damals insgesamt 8022) aufgeschlüsselt nach Pkw (5625), Nutzfahrzeugen (1548), Wohnmobilen (849) und auch nach Anträgen von Privatpersonen (4662) sowie von Gewerbetreibenden (3360).

Darf der alte Diesel am Straßenrand stehen bleiben?

Das Fahrverbot heißt eigentlich Verkehrsverbot. Wer seinen Diesel unter Euro 5 damit nicht in die Garage oder auf das eigene Grundstück, sondern auf einen öffentlichen Stellplatz oder die Straße stellt, riskiert genauso wie im Betrieb 80 Euro Bußgeld. Dazu kommen noch Gebühren und Auslagen, in Summe dann 108,50 Euro, rechnet Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) vor. Punkte gibt es für den Verstoß keine.

Zeigt das Fahrverbot Wirkung?

Bisher sind die Stickstoffdioxidwerte an den Hauptmessstellen am Neckartor und an der Hohenheimer Straße durch das für Auswärtige geltende Fahrverbot (seit 1. Januar) kaum zurückgegangen. Sie liegen bei mehr als 60 Mikrogramm und damit über dem EU-Jahresmittel-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Eine Wirkung hat das Verbot auf den Kraftfahrzeugbestand in Stuttgart. Von Dezember auf Januar und Januar auf Februar wurden jeweils fast 1500 Diesel unter Euro 5 in Stuttgart abgemeldet. Der Dieselanteil an allen Fahrzeugen liegt bei 30 Prozent.

Gibt es Hilfen für Betroffene?

Es gibt Kaufanreize von den Automobilherstellern zu einem Umstieg auf schadstoffärmere Neuwagen. Die kann sich dennoch nicht jeder leisten. Außerdem hat das Land den Kriterienkatalog für Ausnahmegenehmigungen erst vor wenigen Tagen um einige Härtefälle erweitert. „Besondere Härten“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), sollen abgemildert werden.

Welche Härtefälle meint Ministerpräsident Kretschmann?

Die Zumutbarkeitsgrenze für eine Ersatzbeschaffung ist um 25 Prozent angehoben worden. Damit habe man die höheren Lebenshaltungskosten im Ballungsraum berücksichtigt. Das monatliche Nettogehalt zum Beispiel in einem Vier-Personen-Haushalt kann nun 2640 statt 2110 Euro erreichen. Auch die familiäre Betreuung von Kindern unter acht Jahren kann zu einer Ausnahme führen. Die kurze Frist für die Änderungen wurde von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) bemängelt. „Die Lage ist nicht von großer Übersichtlichkeit gezeichnet“, sagt er.

Macht der Verkehrsverbund VVS besondere Angebote?

Im VVS gilt noch bis Mitte April das vergünstigte Tagesticket. Viel wichtiger ist die große Tarifreform zum 1. April. 52 Zonen werden zu lediglich noch fünf VVS-Ringzonen, die beiden Stuttgarter und zwei in den Landkreisen werden zusammengefasst. Die Fahrpreise werden nicht direkt billiger, sind allerdings je nach Relation um 30 Prozent geringer. Wer zum Beispiel von Ludwigsburg nach Stuttgart pendelt, spart im Abo 278 Euro pro Jahr.

Was wird aus der Forderung nach kostenlosen Fahrscheinen für einen Autoverzicht?

Die Forderung der Fraktion SÖS/Linke-plus im Stuttgarter Gemeinderat wird geprüft, hat bislang allerdings wenig Aussicht auf eine Mehrheit. Die Stadtverwaltung soll bis zum 9. April einen Vorschlag machen. Man wolle sich dies „verschärft“ unter rechtlichen Gesichtspunkten ansehen, sagt Verwaltungsbürgermeister Fabian Mayer (CDU).

Was wird aus den Euro-5-Dieseln?

Davon gibt es allein in der Landeshauptstadt Stuttgart 24 566. Ihre Nutzung könnte im Jahr 2020 laut einem Gerichtsurteil im ganzen Stadtgebiet oder, und darum bemüht sich die Landesregierung, lediglich auf bestimmten Strecken verboten werden, wenn die Schadstoffwerte nicht deutlich sinken.